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Zusagen für das Kernnetz sparen Kosten

Schwerte (energate) - Für den Aufbau des Wasserstoffkernnetzes im Ruhrgebiet und darüber hinaus braucht der Netzbetreiber Thyssengas verbindliche Zusagen seiner künftigen Industrie- und Gewerbekunden. "Es ergibt keinen Sinn, dass wir teure Neubauprojekte zu einem Stichtag X fertig haben und diese dann leer stehen", sagte Jaro Blanke, Referent für Wasserstoffmarktentwicklung bei Thyssengas, bei der Tagung "H2 for you?", organisiert von der Business Metropole Ruhr. Andernfalls würde das Netz derart teuer werden, dass es die wenigen Kunden am Anfang gar nicht gegenfinanzieren könnten.

 

Für den Referenten, der seit zwei Jahren bei Thyssengas Leitungskonzepte gemeinsam mit potenziellen Kunden entwickelt, ist es daher an der Zeit, von der aktuellen Phase 0 auf die Phase 1 mit einer "Planung auf Sicht" überzugehen. In dieser sichern sich Netzbetreiber und Kunden - wie im Erdgasbereich bereits bekannt - "sukzessive mehr Verbindlichkeit" zu, was in einen Realisierungs- und Netzanschlussvertrag mündet.

 

Den offiziellen gemeinsamen Antrag für das Kernnetz werden die 16 Fernleitungsnetzbetreiber mit leichter Verspätung wohl in den kommenden Wochen stellen. Blanke erwartet, dass sich gegenüber dem bisherigen Entwurf mit einer Gesamtlänge von 9.700 Kilometern netztechnisch "keine großartigen Änderungen" ergeben werden. Insbesondere die GetH2-Projekte, die Thyssengas gemeinsam mit weiteren Netzbetreibern bereits für 2027 plant, könnten gar nicht mehr infrage gestellt werden.

 

Abzweigungen vorausplanen kommt günstiger

 

Um Kosten beim künftigen Wasserstoffnetzanschluss zu sparen, empfahl der Thyssengas-Referent denjenigen, die ohnehin mit großer Wahrscheinlichkeit einen Netzanschluss planen, sich bereits jetzt eine Abzweigung zum eigenen Standort zu sichern. Denn der Einbau eines sogenannten T-Stücks fällt deutlich günstiger aus, wenn Thyssengas ihn vor der Inbetriebnahme des Netzes einbaut. Aber auch alle anderen Unternehmen, die erst absehbar deutlich nach 2028 an die Reihe kommen, fordert Thyssengas zu Absichtserklärungen auf, die Schritt für Schritt verbindlicher werden können. Dann gebe es im Prozess der Netzentwicklungsplanung (NEP) auch gute Argumente gegenüber der Bundesnetzagentur.

 

Sind Unternehmen weiter vom Kernnetz entfernt, kommen aber gemeinsam mit ihren Nachbarn auf eine "kritische Wasserstoffmenge", dann könnte trotzdem ein Leitungsbau infrage kommen. Erste Trassierungsstudien liefen bereits, berichtete Blanke. Er hält es für "gar nicht unwahrscheinlich", dass das Kernnetz in weiteren Stufen nochmals deutlich größer ausfällt.

 

Lokale Wasserstoffproduktion wird einfacher

 

Thomas Kattenstein, dessen Unternehmen EE Energy Engineers Wasserstoffkonzepte für Großkunden durchführt, sieht das Ruhrgebiet durchaus in einer glücklichen Lage. "Die Leitungen kommen bei uns an, weil wir auch die Nachfrage haben", sagte er bei der Veranstaltung in Schwerte. In Ostwestfalen-Lippe stöhnten die Kunden dagegen, weil sie weniger vom Kernnetz profitieren und mehr auf eine eigene Wasserstofferzeugung angewiesen sind.

 

Aber auch für diejenigen hatte er gute Nachrichten im Gepäck, weil die Planung eigener Elektrolyseure deutlich einfacher werden wird. Möglich macht es das Wasserstoffbeschleunigungsgesetz, das Folgen für die Bundesimmissionsschutzverordnung (BImSchV) haben wird. Für eine kleine Anlage mit 10 MW musste Kattenstein zwei Kisten voller Ordner zur zuständigen Bezirksregierung nach Düsseldorf fahren. Dies soll künftig nur noch für Anlagen über 130 MW nötig sein. Für ganz kleine unter 5 MW soll das BImSchV-Verfahren komplett entfallen und somit auch die Umweltverträglichkeitsprüfung. Für Anlagen zwischen 5 bis 130 MW soll es Erleichterungen im Verfahren geben.

 

Auch bei den Kosten für die Wasserstoffproduktion gab sich Kattenstein optimistisch. Für einen metallverarbeitenden Betrieb im Ruhrgebiet, mit einem nur geringen Wasserstoffbedarf von 100 Tonnen im Jahr, für den EE Energy Engineers aktuell Berechnungen anstellt, könnten die geplanten Kosten mit 12,50 Euro pro Kilogramm sogar unter dem Poolpreis des bisherigen Wasserstofflieferanten liegen. Das sei zwar ein Sonderfall, räumte Kattenstein ein, aber grundsätzlich glaubt er daran, dass die Chancen grüner Wasserstoffproduktion unterschätzt werden.

 

Große Standortunterschiede absehbar

 

Esther Stahl vom Fraunhofer-Institut Umsicht gab zu bedenken, dass je nach Entfernung zur Wasserstoffpipeline es große lokale Unterschiede für die Standorte geben wird. Je nachdem rechne es sich mehr, Wasserstoff selbst zu erzeugen oder dies gemeinsam mit einem benachbarten Unternehmen anzugehen. Die Wissenschaftlerin appellierte aber, im ersten Schritt vor Wasserstoff die Alternativen Energieeffizienz, Elektrifizierung und Prozesswärme aus Erneuerbaren wie Geothermie genau zu prüfen. Im Normalfall sei bei niedrigeren Temperaturen der Einsatz von Strom deutlich günstiger, erläuterte die Wissenschaftlerin.

 

Aber auch hiervon gibt es Ausnahmen: Wenn sich spezielle Öfen nur mit hohem Investitionsaufwand umrüsten lassen, dann könne trotzdem der Wasserstoffeinsatz sinnvoller sein, erläuterte Stahl. Das Fraunhofer Umsicht forscht an Verfahren für die elektrochemische Herstellung, Nutzung und Speicherung von Wasserstoff. Aber auch Transformationsstudien wie für den Klimahafen Gelsenkirchen geht das Institut mit Sitz in Oberhausen an. /mt

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