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Windausbau hinkt Zielen hinterher

Berlin (energate) - Der Windausbau an Land hinkt den gesteckten Zielen deutlich hinterher. Insgesamt errichtete die Windbranche in den vergangenen sechs Monaten 250 neue Windanlagen mit einer Gesamtleistung von 1.308 MW. Dies teilten die Branchenverbände BWE und VDMA Power Systems auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit. Im selben Zeitraum gingen jedoch 277 Turbinen mit einer Leistung von 379 MW vom Netz. Der Nettozubau belief sich somit auf 929 MW, ein Rückgang um 19 Prozent gegenüber dem ersten Halbjahr des Vorjahres. Ermittelt wurden die Zahlen von der Deutschen Windguard.

 

Um auf das von der Bundesregierung festgesetzte Zubauziel 2030 zu kommen (115.000 MW), müsste der Zubau jedoch jährlich um 165 Prozent zulegen und 7.700 MW erreichen. Dieses Ziel werde 2024 aber verfehlt, erklärten Bärbel Heidebroek, Präsidentin BWE, und Dennis Rendschmidt, Geschäftsführer VDMA Power Systems, auf der Pressekonferenz. Maximal 4.000 MW seien für das Jahr noch realistisch, so die Branchenvertreter. "Dann muss aber auch alles stimmen und darf nichts mehr schiefgehen", machte Rendschmidt klar.

 

Flexibleres System vonnöten

 

Dazu zählt er das Dauerthema Genehmigungen bei großen Schwertransporten, die Vereinheitlichung von Netzanschlussbedingungen sowie Anreize zur Flexibilisierung steuerbarer Verbrauchskapazitäten. Der Schlüssel für die erneuerbare Zukunft liege in systemischen Lösungen, fügte die BWE-Präsidentin an. Daher müsse dringend beim Marktdesign nachgebessert werden. "Was produziert wird, muss auch genutzt werden", stellte Heidebroek klar.

 

Trotz schlechter Zahlen: keine Panik

 

Ohnehin vermieden es die Branchenvertreter, angesichts der mauen Zubauzahlen in Panik zu verfallen. Mehrfach verwiesen sie darauf, dass die Vergangenheit gezeigt habe, dass in der zweiten Halbjahreshälfte der Zubau an Windenergieanlagen zulege. Außerdem gebe es auch Positives zu vermelden. "Statt den Blick auf den Bruttozubau zu legen, sollten wir uns vielmehr die Neugenehmigungen anschauen", sagte Heidebroek. Diese stiegen im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 32 Prozent an und befänden sich mit 4.800 MW auf einem "Rekordniveau". Auch die beiden Ausschreibungsrunden hätten mit rund 4.200 MW Rekordwerte erreicht. Dies ist aber nur die halbe Wahrheit: Denn die Ausschreibungen waren zum neunten Mal in Folge unterzeichnet. Die Mairunde wurde zunächst von der Bundesnetzagentur um nicht bezuschlagte Mengen aus dem Vorjahr erhöht. Diese mussten jedoch aufgrund von mangelndem Wettbewerb im Vorfeld wieder reduziert werden.

 

Genügend Genehmigungen für kommende Ausschreibung

 

Eine energate-Anfrage nach der Sinnhaftigkeit dieses Vorgehens beantwortete Silke Lüers, Projektmanagerin bei der Deutschen Windguard, folgendermaßen: "Die Reduzierung ist erforderlich, weil kein Wettbewerb vorliegt. Bisher sind die Reduktionen so gering ausgefallen, dass trotzdem alle Anlagen mit gültigem Gebot den Zuschlag bekamen." Es sei besser, die Ausschreibungsvolumina in das folgende Jahr zu übertragen, selbst wenn kein Marktinteresse vorliege, als es einfach verfallen zu lassen, so Lüers. Für die kommende Ausschreibung seien bereits "viele, viele Genehmigungen erteilt worden" und deshalb gehe der BWE davon aus, dass sie vollständig ausgeschöpft werde, ergänzte Heidebroek.

 

Nord-Süd-Gefälle

 

Weiterhin besteht bei der regionalen Verteilung des Windenergiezubaus ein deutliches Nord-Süd-Gefälle. Den Bundesländervergleich führte im ersten Halbjahr 2024 Nordrhein-Westfalen mit 298 MW Zubau an, knapp vor Niedersachsen mit 296 MW. Auf dem dritten Rang folgt Schleswig-Holstein mit 247 MW. Zusammen mit Brandenburg und Sachsen-Anhalt stellten diese Bundesländer 85 Prozent des gesamtdeutschen Zubaus. Lediglich zehn Windanlagen bauten Hessen, Rheinland-Pfalz, Mecklenburg-Vorpommern, Baden-Württemberg, Bayern und Sachsen zusammen. Gar kein Zubau erfolgte in Thüringen, Saarland sowie den Stadtstaaten. "Wir haben hier eine ganz starke Schieflage, hier muss der Süden endlich aufholen", stellte Heidebroek klar.

 

Auch von den Landesverbänden kommt Kritik. "Trotz aller Sondereffekte müssen wir unserer Verantwortung gerecht werden. Das Ausbauziel von 1.500 Megawatt erreichen wir in Niedersachsen dieses Jahr nicht", erklärte Silke Weyberg, Geschäftsführerin des LEE Niedersachsen. "Der Windenergieausbau kommt nicht recht vom Fleck. Insbesondere die Regionalverbände und Kommunen sollten die Windkraft nun gemeinsam schneller voranbringen", sagte Jürgen Scheurer, Geschäftsführer der Plattform Erneuerbare Energien Baden-Württemberg.

 

Gemeindeöffnungsklausel

 

In diesem Zusammenhang appellierte Heidebroek zum wiederholten Male an die Gemeinden, ihr Recht auf die Gemeindeöffnungsklausel zu nutzen. Statt auf die langwierige Ausweisung von Raum-Ordnungsprogrammen warten zu müssen, erlaube die Gemeindeöffnungsklausel eine deutliche Beschleunigung im Genehmigungsprozess. "Gemeinden, die Flächen bereitstellen können, helfen so bei der Realisierung des Ausbaus", erklärte Heidebroek.

 

Dass sich Windanlagen für Gemeinden lohnen können, unterstrich der BDEW. Windanlagen-Projektierer und Betreiber, die Mitglieder im BDEW sind, haben sich zur freiwilligen und flächendeckenden finanziellen Beteiligung von Kommunen nach § 6 EEG verpflichtet. Die erfolgte Selbstverpflichtung ermöglicht Gemeinden so je nach Standort Mehreinnahmen von bis zu 30.000 Euro, rechnet der Verband vor. /rh

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