Wasserstoffhochlauf braucht Förderung und Infrastruktur
Frankfurt/Main (energate) - Staatliche Förderung spielt eine entscheidende Rolle für den Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft. Das betont Alexander Kotschi, Leiter des Geschäftsbereichs Energie bei Ramboll Deutschland, im Interview mit energate. Ohne Subventionen, so Kotschi, sei der Business Case für Investoren aktuell nicht gegeben. Besonders für Unternehmen, die als Pioniere in den Markt gehen, müsse es Anreize geben, Risiken einzugehen. Zudem müssten Unsicherheiten wie der fehlende Marktpreis für grünen Wasserstoff einkalkuliert werden. "Die EU versucht zwar, einen Markt zu schaffen, aber die First Mover müssen eine stärkere Absicherung bekommen", sagte er.
Ein entscheidender Faktor für die Realisierung von Elektrolyse-Projekten sei die Verfügbarkeit von günstigem Strom, vor allem aus Offshore-Windenergie. 70 Prozent der Erzeugungskosten für Wasserstoff entfallen auf Strom. Deshalb sei es essenziell, Überschussstrom zu nutzen. "Es wird jetzt sehr darauf ankommen, dass insbesondere Wind-Offshore ausgebaut wird", erklärte Kotschi. Nur so ließen sich die Kosten senken und ein wirtschaftlich tragfähiges System aufbauen.
Infrastrukturausbau mit Risiken
Im Hinblick auf die Infrastruktur, wie das Wasserstoff-Kernnetz, sieht Kotschi gute Ansätze, warnt jedoch vor Risiken. Das Instrument des Amortisationskontos, das hohe frühe Kosten mit niedrigen späteren Kosten budgetiert, sei ein guter Vorstoß. Dass sich im Kernnetz-Antrag nicht für alle Vorhaben ein Projektträger gefunden hat, hänge "von einzelnen Strecken ab, inwiefern genug Erzeugungskapazität verfügbar ist". Investitionen könnten gefährdet sein, wenn nicht ausreichend Wasserstoff produziert wird, um die Netze auszulasten.
"Ein bisschen zufällig ist das schon", merkte Kotschi zur Netzplanung an, die an vielen Stellen mit den geplanten Umwidmungen dem historisch gewachsenen Erdgasnetz folge. Denn die Verteilung der Wasserstoffabnehmer stimme nicht vollständig mit dem Erdgasnetz überein. Nicht alle potenziellen Wasserstoff-Verbraucher lägen direkt am Kernnetz, da manche von Kohle statt von Gas umstellen müssen. Dennoch sei es wichtig, jetzt zu starten, um die dringend benötigte Infrastruktur parallel zum Kapazitätsaufbau der Wasserstoffproduktion zu schaffen.
An den besten Standorten anfangen
Ramboll begleitet Elektrolyse-Projekte in Hamburg-Moorburg und Hamm, bei denen bestehende Kraftwerksstandorte genutzt werden. "Das sind ideale Voraussetzungen", betonte Kotschi, weil diese Standorte bereits über wichtige Infrastrukturen wie Netz- und Wasserversorgung verfügen. "Man muss an den besten Standorten anfangen, weil es sich da am schnellsten rechnen wird und man wenig Förderung braucht, um die Anlage kommerziell zu machen", so Kotschi.
Insgesamt zeigt sich Kotschi optimistisch, warnt jedoch vor überzogenen Erwartungen. Der Aufbau der Wasserstoffwirtschaft sei eine langwierige, komplexe Aufgabe, die Zeit und Kooperation erfordere. Das wurde unterschätzt: "Wie lange haben wir gebraucht, in Deutschland eine Gaswirtschaft aufzuziehen? Da haben wir über Jahrzehnte geredet. In so einer Dimension muss man das auch beim Wasserstoff sehen." /tc
Das vollständige Interview lesen Sie im Add-on Gas & Wärme