Wasserstoff-Kernnetz wird kürzer als gedacht
Berlin (energate) - Das Wasserstoff-Kernnetz ist von der Bundesnetzagentur (BNetzA) genehmigt worden. Es wird kürzer als von den Fernleitungsnetzbetreibern im Juli beantragt. 9.040 Kilometer ist die "Wasserstoff-Autobahn" lang, die Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) im Rahmen einer Pressekonferenz zur Genehmigung des Kernnetzes vorstellte. Die Bundesnetzagentur strich rund 600 Kilometer aus dem Antrag. Alle Bundesländer seien aber angeschlossen, erklärte Habeck.
Rund 300 Kilometer werden nicht Teil des Kernnetzes, weil sogenannte dritte Netzbetreiber keine Zustimmung für eine Einbeziehung ihrer Gasleitungen in das Wasserstoff-Kernnetz erteilt haben. Insgesamt wollten 20 Netzbetreiber, in der Regel Betreiber von Verteilnetzen, Leitungen in das Kernnetz einbringen. Sie haben dies aber in der Regel unter Vorbehalt getan und mussten während des Konsultationsprozesses noch ihre endgültige Zustimmung erteilen. Sieben Netzbetreiber haben sich komplett zurückgezogen, einige haben die Zustimmung für einzelne Leitungen nicht erteilt.
Die anderen 300 Kilometer wurden in der Regel nicht genehmigt, da diese Leitungen überflüssig sind. Die Behörde hat eine eigene strömungsmechanische Modellierung durchgeführt und auf der Basis ihre Entscheidung getroffen. Einzelne Leitungen wurden zudem entfernt, da es sich nach Einschätzung der Behörde um grundsätzlich nicht genehmigungsfähige Abschlussleitungen handelt.
Pläne nicht abgeschlossen
Auch nach der Fertigstellung der vorgestellten Leitungen sind die Pläne zum Wasserstoffnetz nicht abgeschlossen. Vielmehr soll die Bundesnetzagentur das Netz sukzessive weiterentwickeln. Im Rahmen der alle zwei Jahre stattfindenden Netzentwicklungsplanung für Gas und Wasserstoff könnten bei Bedarf Erweiterungen beschlossen werden. Der erste integrierte Netzentwicklungsplan Gas-/Wasserstoff soll im Sommer 2025 vorliegen. Dies erlaube schnell den Anschluss weiterer Nachfrager auf der regionalen Ebene, betonte BNetzA-Präsident Klaus Müller bei der Pressekonferenz.
Kernnetz wird günstiger
Die gestrichenen Kilometer Leitung haben auch Auswirkungen auf die Höhe der geplanten Investitionen. Das Wasserstoff-Kernnetz werde voraussichtlich rund 18,9 Mrd. Euro kosten, 800 Mio. Euro weniger als die zuvor veranschlagten 19,7 Mrd. Euro. Die niedrigeren Kosten werden sich positiv auf die zu zahlenden Netzentgelte auswirken, so Müller. Die Kosten des privatwirtschaftlich gebauten Kernnetzes würden schließlich über die Entgelte refinanziert.
Im Sommer 2025 soll der erste Wasserstoff durchs Kernnetz fließen. Dies wird durch die Umwidmung von Gasleitungen möglich. Insgesamt soll das Kernnetz aus 60 Prozent umgewidmeter Gasleitungen bestehen und bis 2032 sukzessive fertiggestellt werden. Die Fernleitungsnetzbetreiber wollen 2032 eine Einspeiseleistung von 101 GW und eine Ausspeiseleistung von 87 GW ermöglichen. "Wir können jährlich 278 TWh Wasserstoff transportieren, das ist ein Drittel des jährlichen Erdgasverbrauchs", erklärte Ralph Bahke, stellvertretender Vorsitzender des FNB Gas, bei der Pressekonferenz im Bundeswirtschaftsministerium.
Reaktionen der Verbände positiv mit Eintrübung
Die Reaktionen der Verbände wie auch der Netzbetreiber sind positiv. Allerdings mischen sich auch mahnende Worte in die Zustimmung der Interessenvertreter. Ingbert Liebing, Hauptgeschäftsführer des Verbandes kommunaler Unternehmen (VKU), merkt beispielsweise an: "Es ist gut, dass das Wasserstoff-Kernnetz vorankommt. Allerdings wird das Kernnetz allein nicht ausreichen, um viele Unternehmen aus Industrie und Mittelstand zu erreichen." Bei den Verteilnetzen sei die Politik nicht so weit wie beim Kernnetz. Bei Verteilnetzbetreibern, die Leitungen ins Kernnetz einbringen wollen, herrsche deshalb Verunsicherung, führte Liebing aus. Ähnlich äußerte sich im September bereits der Verein des Gas- und Wasserfaches (DVGW).
Kerstin Andreae, Vorsitzende der BDEW-Hauptgeschäftsführung, lobte die ressourcenschonende Umsetzung des Projekts, da "sinnvollerweise für 60 Prozent des Wasserstoff-Kernnetzes Leitungen des bestehenden Gasnetzes genutzt und umgestellt werden können." Doch auch sie mahnt an, die Verteilnetze zügig anzugehen. Zudem dränge die nationale Umsetzung des EU-Gas/Wasserstoffpakets. "Die Regelungen legen die Grundlage für die Weiterentwicklung des Gassystems. Sie sollten deshalb unbedingt noch in dieser Legislaturperiode umgesetzt werden", so Andreae. /hl/lp