Zum InhaltZum Cookiehinweis

RSS Feed

Verteilungsdebatte um neue Kraftwerksstandorte

Berlin (energate) - Die Eckpunkte zur Kraftwerksstrategie lassen zwar noch viele Fragen offen, doch erste Debatten sind längst im Gange. Diskussionsbedarf zeigt sich etwa bei der regionalen Verteilung der Kraftwerke. "Eine regionale Steuerung ist durchaus sinnvoll", sagte Ingrid Nestle, Sprecherin für Energiewirtschaft der Grünen-Bundestagsfraktion, im Interview mit energate. Das dürfe aber nicht dazu führen, dass alle neuen Anlagen im Süden und Westen entstehen. "Gerade im Osten ist es offensichtlich, dass wir Ersatzkapazitäten für die dortigen Kohlekraftwerke benötigen", betonte Nestle. Nach aktueller Gesetzeslage gehen im Osten die letzten Kohlekraftwerke 2038 vom Netz. Die Grünen hatten auf ein früheres Ausstiegsdatum gedrängt und dieses auch im Koalitionsvertrag verankert, idealerweise schon 2030. Um den Kohleausstieg im Osten vorziehen zu können, müssten dort allerdings Ersatzkapazitäten entstehen.

 

Standortbonus für Süd und West

 

Das Bundeswirtschaftsministerium will im Rahmen der Kraftwerksstrategie hingegen Standorte im Süden und Westen bevorzugen. Sie sollen im Rahmen der geplanten Ausschreibung einen Regionalisierungsbonus erhalten, der ihnen einen Vorteil verschaffen würde. Damit will das Ministerium vor allem den hohen Redispatch-Kosten entgegenwirken. Bestätigt wird dieser Kurs durch eine aktuelle Untersuchung der nordrhein-westfälischen Landesgesellschaft Energy4Climate. Um bestehende Netzengpässe auszugleichen, sei es demnach volkswirtschaftlich am sinnvollsten, ein Drittel der neuen Anlagen in Nordrhein-Westfalen und zwei Drittel im Süden zu errichten. Der Norden und Osten gingen demnach leer aus.

 

Die Autoren räumen aber ein, dass unter Berücksichtigung weiterer netztechnischer Faktoren, wie etwa der Bereitstellung von Blindleistung oder Momentanreserve, ein anteiliger Ausbau im Norden und Osten nötig sein könnte. So sieht es auch Grünen-Politikerin Nestle, die von zwei Dritteln im Süden und Westen sowie einem Drittel im Norden und Osten ausgeht. "Das halte ich für sinnvoll", sagte sie. Der ostdeutsche Kraftwerksbetreiber Leag, der in einer Ausschreibung mit Regionalisierungskomponente wohl leer ausgehen würde, zeigte sich unterdessen gelassen. Er wolle die aktuelle Debatte nicht überbewerten, sagte Leag-Chef Thorsten Kramer jüngst in einem Interview mit "Wiwo". "Der netztechnische Osten wird auf jeden Fall berücksichtigt werden", so seine Hoffnung. Die Leag will sich mit mindestens 2.500 MW an den geplanten Kraftwerksauktionen beteiligen, hatte Kramer zuvor im Interview mit energate angekündigt.  

 

Nestle erwartet marktlichen Gasausstieg

 

Überraschend entspannt zeigt sich Grünen-Politikerin Nestle wiederum bei der geplanten Ausschreibung von 5.000 MW reinen Erdgaskraftwerken. Auch die künftigen Betreiber dieser Kraftwerke müssten ihre Anlagen perspektivisch auf Wasserstoff umstellen. "Ab 2038 werden keine neuen CO2-Zertifikate mehr im Emissionshandel versteigert", betonte sie. Daher werde es nach Nestles Ansicht zeitnah zu einem marktlichen Brennstoffwechsel kommen. Dass es für einen Teil der Anlagen in der Kraftwerksstrategie jetzt keine Dekarbonisierungspflicht mehr gebe, sei dem Druck der EU-Kommission geschuldet. Diese wollte ursprünglich sogar, dass alle Anlagen technologieneutral und damit ohne Wasserstoffpflicht ausgeschrieben werden. "Nach dem erzielten Kompromiss sind es nun 5.000 MW zur Dekarbonisierung und 5.000 MW zur Versorgungssicherheit. Das finde ich einen gangbaren Weg", sagte Nestle zu energate. /cs

 

Das ganze Interview mit Grünen-Politikerin Ingrid Nestle, in dem sie sich auch zum geplanten Kapazitätsmechanismus für Erneuerbare äußert, lesen Sie hier.

Zurück

Privatsphäre-Einstellungen