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Verschiebungen im Speichermarkt

Berlin (energate) - Allen Berichten über einen vermeintlichen Boom zum Trotz: Die Speicherbranche hat im vergangenen Jahr einen deutlichen Umsatzknick verzeichnet. Damit verbuchte sie erstmals einen Rückgang. Hoffnung macht aber das Segment Industrie und Gewerbe. Haushaltsspeicher sind zwar nach wie vor das stärkste Segment, hier verzeichnete die Branche aber die größten Umsatzrückgänge. Das geht aus aktuellen Zahlen hervor, die der Bundesverband Energiespeicher Systeme (BVES) präsentierte. Demnach sank der Umsatz der Branche nach einem sehr starken Verkaufsjahr 2023 von 16,1 Mrd. Euro um 23 Prozent auf 12,5 Mrd. Euro. Damit lagen die Umsatzerlöse aber immer noch über denen des Jahres 2022 (11,8 Mrd. Euro). Für das laufende Jahr erwartet der Verband wieder eine Steigerung auf 14,2 Mrd. Euro.

 

Bedeutung der Heimspeicher schrumpft

 

Zeichnete das Segment der Heimspeicher 2023 noch für mehr als zwei Drittel des Umsatzes verantwortlich, war es 2024 nur noch gut die Hälfte. Für den Rückgang im Haushaltskundensegment gab es mehrere Gründe, wie BVES-Geschäftsführer Urban Windelen ausführte. 2023 hätten aufgrund des Ukrainekriegs und der gestiegenen Energiepreise sehr viele Haushalte in Eigenversorgungslösungen und Speicher investiert. Im Folgejahr sei es dann zu einem Einbruch gekommen, vor allem im Bereich der Wärmespeicher. Die Querelen um das Heizungsgesetz und die niedrigen Verkaufszahlen von Wärmepumpen hätten auch die Speicherhersteller zu spüren bekommen.

 

Der Umsatz der Wärmespeicher sank im laut Windelen "desaströsen Jahr 2024" von 7,3 auf nur noch 4,0 Mrd. Euro. Auch der Umsatz bei den Stromspeichern war rückläufig - von 3,8 auf 2,8 Mrd. Euro. Insgesamt büßte die Branche im Segment Haushalte damit 39 Prozent ihres Umsatzes ein. Auch der Markt selbst habe sich verändert, führte Windelen aus. Heimspeicher würden wieder kleiner dimensioniert, die Kunden wählten zudem zunehmend Standardprodukte aus Asien. Der Rückgang habe somit vor allem "deutsche Qualitätshersteller" getroffen. Das Ziel von zwei Milliarden Heimspeichern sei verfehlt worden, ergänzte Jörg Blaurock von der Beratungsgesellschaft 3 Energie Consulting, der die Zahlen für den Verband vorstellte. Aktuell gebe es in Deutschland etwa 1,6 Mrd. Heimspeicher. Für das laufende Jahr rechnet der Verband wieder mit einem Umsatzplus von neun Prozent.

 

Gewerbe und Industrie "läuft los"

 

Hingegen wuchs der Bereich Gewerbe und Industrie deutlich - um fast ein Viertel. Dieser Markt ist aus Sicht des Verbandes auch der "perspektivisch größte Markt für Speicher", wie Windelen sagte. Dahin ist es allerdings noch ein weiter Weg - 2024 trug das Segment 1,6 Mrd. Euro zum Umsatz bei - das entspricht gerade mal 8 Prozent des Gesamtumsatzes. Trotzdem zeigte sich Windelen hier euphorisch: "Die Industrie macht sich zunehmend ehrlich und erkennt an, dass sie um die Elektrifizierung nicht herumkommt." Allerdings erkannte auch der BVES-Chef an, dass die Wärmebereitstellung über Strom derzeit teurer ist als über Gas. Weiterer wichtiger Wachstumstreiber sind Elektrofahrzeug-Flotten. Um diese in der Nacht garantiert aufladen zu können, brauche es Stromspeicher. Daher investierten immer mehr Unternehmen in diese, erklärte Windelen.

 

Neue Pumpspeicher geplant

 

Mit einem Plus von 14 Prozent ging es auch im Bereich der Großspeicher bergauf. Verantwortlich dafür waren vor allem Großbatteriespeicher. Derzeit seien etwa 2.000 MW solcher Speicher am Netz, so Windelen. Bis 2030 rechne er mit 18.000 MW. Auch in diesem Bereich zeige sich ein Paradigmenwechsel. "Der Markt geht weg von der Leistung zu mehr Kapazität", sagte Windelen. Sprich: Die Speicher können länger ausspeichern. Es gebe einen "Swing von einer zu zwei Stunden." Gleichzeitig sehe der Markt aber auch Anlagen mit vier oder acht Stunden Ausspeicherleistung. Passend zur Vorstellung der Gesamtbranchenzahlen gaben am 24. März gleich zwei Unternehmen den Bau von Großspeichern bekannt: Green Flexibility baut einen 10-MW-Speicher mit einer Kapazität von 25 MWh im Unterallgäu. Und Terralayr errichtet einen Batteriespeicher mit 15 MW Leistung im niedersächsischen Celle. Beide Anlagen sollen bis zum Jahresende ans Netz gehen.

  

Erstmals seit Jahren würden aber auch wieder Pumpspeicher hinzugebaut, führte Windelen aus. So plane Vattenfall zwei neue Pumpspeicherkraftwerke in Ostdeutschland und der österreichische Stromerzeuger Verbund eines in Bayern.

 

Preiszonensplit würde bessere Signale setzen

 

Auf die Forderung nach mehr Netzdienlichkeit dieser Speicher verteidigte Windelen die Betreiber. Es sei normal, dass diese sich am Markt orientierten. Ein Strompreiszonensplit würde aus seiner Sicht bessere Marktsignale setzen, machte er deutlich. Derzeit registrieren Netzbetreiber eine sehr hohe Anzahl an Anschlussbegehren für Großspeicher. Viele Betreiber stellten aber zahlreiche Anfragen, damit sie schließlich ein Projekt realisieren könnten, relativierte Windelen. Hier fehlten Standardverfahren. Bezüglich der Rahmenbedingungen insgesamt sieht Windelen Deutschland zwar auf einem guten Weg, etwa weil Speicher mittlerweile als im öffentlichen Interesse liegend eingestuft werden. Diese Maßgabe schlage sich aber zu selten in der Praxis nieder. So verzögerten geltende Vorschriften des Bau- und Genehmigungsrechts die Verfahren aktuell noch stark. /sd

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