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Verbände starten Preistransparenzplattform Fernwärme

Berlin (energate) - Wegen nicht nachvollziehbarer Preisgestaltung stehen Fernwärmeanbieter immer wieder in der Kritik. Mit einer gemeinsamen Plattform will die Branche deshalb für mehr Preistransparenz sorgen. Unter www.waermepreise.info können Verbraucherinnen und Verbraucher nun eine Preisübersicht verschiedener Anbieter abrufen. Die Fernwärme-Preistransparenzplattform enthält zudem Informationen darüber, welche Faktoren den Fernwärmepreis noch beeinflussen - etwa die Netzgröße oder den zugrundeliegenden Energieträger. Ein Preisvergleich ist allerdings nicht Ziel der von der Arbeitsgemeinschaft Fernwärme (AGFW) und Energieverbänden BDEW und VKU entwickelten Plattform. "Es ist kein Check 24", sagte John Miller, stellvertretender Geschäftsführer des AGFW, bei der Vorstellung der Preistransparenzplattform in Berlin.

 

Die Plattform decke zum Start bereits rund die Hälfte des Marktes ab und soll künftig weiter ausgebaut werden, teilten die Verbände mit. Die Beteiligung erfolgt auf freiwilliger Basis. Fast 200 Unternehmen hätten sich bereits beteiligt - 150 sei das Minimalziel gewesen, so Miller. "Angesichts von 400 Fernwärme-Unternehmen in Deutschland ist da noch viel Luft nach oben", sagte Kai Lobo, stellvertretender Hauptgeschäftsführer des VKU. Es würden in Zukunft in Deutschland noch viele Tausend weitere Wärmenetze hinzukommen. "Wir hoffen natürlich, dass alle - egal welcher Eigentümerform sie unterliegen - sich an dieser Transparenzplattform dann beteiligen", sagte Lobo.

 

Verbraucherschützer machen Druck

 

Im Rahmen des Fernwärmegipfels 2023 hatten sich Politik und Branche auf Transparenzmaßnahmen verständigt - insbesondere auf Preistransparenz und die Schlichtung von Streitfällen über eine Schiedsstelle. Verbraucherschützer kritisieren schon lange, dass es schwer nachvollziehbar sei, wie sich die Preise im Fernwärmemarkt bilden. Der Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV) kritisiert die regional sehr unterschiedliche Preise für Fernwärme in Deutschland. Ein Dorn im Auge sind dem VZBV vor allem auch die Preisanpassungsklauseln. Mit einer Klage gegen Eon und deren Tochter Hansewerk hat der VZBV nach drastischen Preissteigerungen inzwischen eine Sammelklage vorgelegt.

 

Hansewerk findet sich momentan nicht in der neuen Preistransparenzplattform. Eon sei aber mit der ein oder anderen Beteiligung dabei, sagte Miller. Vorwiegend seien Mitglieder der Verbände vertreten. Es gebe bei den Unternehmen eine intrinsische Motivation auf die Kunden zuzugehen und die aktuelle Debatte zu versachlichen, sagte Andreas Klingemann, Abteilungsleiter Wärme beim BDEW, in Hinblick auf die kommunale Wärmeplanung und den geplanten Ausbau der Fernwärmeversorgung. "Wärmepreise bilden sich vor Ort im Netz und auf unterschiedlicher Energieträgerbasis", betonte Lobo. Deswegen gebe es teils gravierende Preisunterschiede. Transparenz an sich würde aber schon die Akzeptanz erhöhen, das zeige das Beispiel Skandinavien. Die Preisbildung sei aber nicht Teil der Transparenzplattform, so Lobo.

 

Preisübersicht zeigt verschiedene Standardfälle

 

Die neue Plattform zeigt Mischpreise für drei typische Kundenfälle: Ein Einfamilienhaus, ein Mehrfamilienhaus sowie die Versorgung eines kleinen Industriebetriebs mit Fernwärme. Darüber hinaus enthält die Übersicht Angaben zu dem jeweils festgelegten Anpassungszyklus für die Fernwärmepreise, die Netzgröße, Netzverluste, die eingesetzten Energieträger, den Anteil erneuerbarer und klimaneutraler Energieträger (inkl. unvermeidbarer Abwärme), den Anteil von Kraft-Wärme-Kopplung in Prozent sowie den Primärenergiefaktor. Diese Angaben sollen dazu beitragen, ein besseres Verständnis für das Zustandekommen von Fernwärmepreisen zu erzielen, heißt es von den drei Verbänden. "Die Plattform ist zunächst ein erster Aufschlag", sagte Klingemann. Im Herbst soll es einen Relaunch geben.

 

Modernisierung der Regulierung

 

In Hinblick auf den Um- und Ausbau der klimaneutralen Nah- und Fernwärme fordern die Verbände eine Nachbesserung der Förderung im Rahmen der Bundesförderung effiziente Wärmenetze (BEW). "Wir brauchen im Grunde drei Mrd. Euro pro Jahr, statt der bisher eingestellten eine Mrd. Euro", sagte VKU-Vize Lobo. Branche und Bundesregierung hatten ein Ausbauziel von 100.000 neu an die Fernwärme angeschlossenen Gebäuden pro Jahr vereinbart. Auch eine zügige Novellierung des Kraft-Wärme-Kopplungs-Gesetzes (KWKG) sowie ein Ende der Diskriminierung von Fernwärme in der Wärmelieferverordnung fordern die Verbände.

 

Verbraucherschützer fordern ein neues Wärmenetzregister und eine Novelle der Fernwärmeverordnung AVB für den Monopolmarkt, den das Bundeswirtschaftsministerium für dieses Jahr angekündigt hat. Darüber hinaus sprechen sie sich für die Einführung einer bundeseinheitlichen Preisaufsicht durch eine unabhängige Stelle aus. Eine Schlichtungsstelle reicht ihnen nicht aus. Mit Spannung erwartet wird auch die Novelle der Wärmelieferverordnung, die beim Bundesjustizministerium liegt. "Wir brauchen Rechtssicherheit für die Zukunft", sagte Lobo. Mit der Preistransparenzplattform gehe die Branche voraus, nun sei es Aufgabe der Politik, die Regulierung zu modernisieren. /ck

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