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Vattenfall: Gedankenspiele zu neuen AKW gewinnen Kontur

Solna (energate) - Die Atomkraft gewinnt zusehends an Gewicht in der Konzernstrategie von Vattenfall. Einerseits arbeitet der schwedische Staatskonzern "mit Hochdruck" daran, am heimatlichen Standort Ringhals Platz für neue Reaktoren zur Erweiterung der Anlage zu schaffen. Andererseits gewinnen auch die Pläne zum Bau gänzlich neuer AKW in Schweden allmählich an Kontur. Das machte Vattenfall-CEO Anna Borg bei der Vorstellung der jüngsten Konzernbilanz deutlich.

Einem Wiedereinstieg als AKW-Betreiber in Deutschland erteilte die CEO indes auf energate-Nachfrage eine Absage - wie einem generellen Atomkraft-Revival hierzulande: "Wir sehen keine Voraussetzungen, um in Deutschland in die Kernenergie zu investieren", stellte sie klar. "Es müsste schon ein dramatischer Wandel stattfinden, wenn es darum geht, wie Deutschland sein Energiesystem in Zukunft gestalten möchte."

 

Das Interesse aus anderen Ländern Europas an neuen Atomkraftwerken sei deutlich konkreter als das aus Deutschland. Allerdings: "Wir konzentrieren uns auf Schweden, wenn wir es hier schaffen, ein Geschäftsmodell zum Fliegen zu bringen, sind wir möglicherweise bereit, auch anderswo zu investieren", sagte sie. "Aber das ist ein langer Weg." Dass sich Vattenfall in Sachen AKW-Neubau öffentlich optimistischer zeigt als in der Vergangenheit, hat wohl damit zu tun, dass der Konzern und sein Mehrheitseigner, der schwedische Staat, in der Debatte um die Verteilung der Risiken solcher Vorhaben Fortschritte machen.

 

Schweden denkt über staatliche AKW-Investmentgesellschaft nach

 

Die aktuelle schwedische Regierung will bis 2035 mindestens zwei große AKW errichten. Die Rede ist von 2.500 MW bis 2035 und 10.000 MW bis 2045. Ein staatlich beauftragtes Gutachten aus dem vergangenen Jahr empfiehlt unter anderem, eine staatliche Investmentgesellschaft als Vorhabenträger zu gründen. Vattenfall monierte damals Unklarheiten über die Verteilung von Baukostenrisiken und die Atommüllendlagerung. Borg stellte jetzt klar, dass dieser Vorschlag aus ihrer Sicht eine gute Grundlage für den weiteren Dialog über mögliche Bauvorhaben darstelle. "Das ist in Arbeit und wird sich im Jahresverlauf weiter konkretisieren", stellte sie in Aussicht.

 

Jenseits der Atomkraft stehen für 2025 auch Investitionen in Deutschland weit oben auf der Strategieagenda der Vattenfall-Führung. Neue wasserstofffähige Gaskraftwerke spielen dabei allerdings keine Rolle, so Borg gegenüber energate. Priorität genieße vor allem der Bau der Nordsee-Windparks Nordlicht 1 und 2, betonte sie. An beiden Windparkvorhaben ist der Chemiekonzern BASF als gewichtiger Minderheitseigner beteiligt. Gegenwärtig allerdings sei es herausfordernd, am Offshore-Projektentwicklermarkt "die Rentabilität zu erreichen, die wir brauchen", sagte Borg mit Blick auf die Ausschreibungen. Dies sei jedoch kein spezifisches Problem der Offshore-Windkraft, betonte sie. 

 

Europas Energiewende "in einem kleinen Dilemma"

 

Vielmehr sei Europas Energiewende insgesamt "in einem kleinen Dilemma". Gegenwärtig sei Energie für Europas Industrie zu teuer, um global wettbewerbsfähig sein zu können. "Gleichzeitig sind die Preissignale in vielen Märkten nicht hoch genug, um neue Investitionen zu motivieren", so Borg. Nicht zuletzt Engpässe in Lieferketten seien ein Treiber der Baukosten. Für alle Bereiche der Energiewende sei sektorenübergreifend zu beobachten, dass "Projekte nicht vorankommen oder einige Akteure sich nicht im gleichen Maße darauf konzentrieren", so Borg. Große Investitionen in die Transformation seien dennoch dringend.

 

Dazu passt der milliardenschwere, aktualisierte Investitionsplan von Vattenfall für die kommenden fünf Jahre. Bis 2029 will der Konzern demnach 15 Mrd. Euro investieren. Etwas mehr als 60 Prozent in Schweden, allerdings auch 22 Prozent in Deutschland. Der Fokus dieses Plans liegt auf der Windkraft (45 %) und den Netzen (24 %) des Konzerns. Für die Atomkraft sind immerhin 6 Prozent des Budgets vorgesehen, also mehr als 500 Mio. Euro.

 

Anteilsverkäufe an Nordsee-Windparks treiben Nettogewinn

 

Auf den Geschäftsverlauf des vergangenen Jahres blickt das Vattenfall-Management positiv zurück. Dem teils schwierigen Marktumfeld mit niedrigeren Preisen im Energiehandel und rückläufigen Erträgen aus der Windkrafterzeugung zum Trotz hielt der Konzern den Gewinn vor Steuern und Zinsen (Underlying Ebit) mit rund 1,8 Mrd. Euro nahezu konstant. Dabei sorgte vor allem der Anteilsverkauf der Offshore-Windparks Nordlicht 1 und 2 dafür, dass Vattenfall unterm Strich 2,9 Mrd. Euro Nettogewinn erzielte. /pa

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