Uniper-Verkauf: Viele Optionen - doch keine gute
Berlin (energate) - Der Verkaufsprozess von Uniper zieht sich in die Länge. Zwar prüfe die derzeitige Bundesregierung gegenwärtig die Handlungsoptionen zum (Teil-)Verkauf des Energiekonzerns, wie das Bundesfinanzministerium (BMF) auf Nachfrage von energate mitteilte. Doch Entscheidungen über den Fortgang der Transaktion werden wohl erst nach einer Regierungsbildung als Folge der Neuwahlen fallen. Bislang gebe es sicherlich erste Gespräche und Sondierungen, sagte auch Sebastian Daub, Partner im Bereich Corporate Transactions der Kanzlei Ashurst, im Interview mit energate. Doch kurzfristig sei nicht mehr mit einer Entscheidung zu rechnen. Die neue Regierung werde sich um das weitere Vorgehen rund um den Verkauf der Uniper-Anteile kümmern müssen.
Nötig ist dies, um die Exit-Verpflichtungen der EU-Kommission im Zuge der Übernahme von Uniper zu erfüllen. Die Regierung hatte im Dezember 2022 den sich damalig in finanzieller Notlage befindenden Energiekonzern Uniper zu 99 Prozent übernommen. Bis 2028 gilt die Verpflichtung gegenüber der EU-Kommission, die Anteile auf maximal 25 Prozent plus eine Aktie zu reduzieren. Eine finale Entscheidung über den Zeitpunkt oder die Form der möglichen Transaktion sei noch nicht getroffen worden, erklärte das Finanzministerium auf Anfrage.
Bund bevorzugt Weg über Kapitalmarkt
"Auf Basis eingehender Analysen kommen wir zu dem Schluss, dass eine Veräußerung über den Kapitalmarkt die zentrale Handlungsoption des Bundes zur Reprivatisierung von Uniper ist", bekräftigte das Finanzministerium zugleich. Das macht einen Börsengang, also einen Re-IPO, der aktuell vom Bund gehaltenen Anteile zur wahrscheinlichsten Option. Darüber hinaus prüfe der Bund auch außerbörsliche Veräußerungsoptionen in Abhängigkeit von ihrer Validität, hieß es weiter. An wen die Anteile fallen, ist aber noch unklar.
Verkauf über Börse wäre ein Weg
Für den Ashurst-Partner Daub wäre ein Re-IPO des gesamten Anteilspakets jedoch mit Nachteilen verbunden und daher eher unwahrscheinlich. "Einerseits ist das Volumen dafür zu groß und der Markt nicht tief genug, um das mit einem Schlag aufzunehmen", gab der Jurist zu bedenken. Ein Ramschpreis sei dann das Resultat. Das könne kaum das Ziel der Regierung sein, da sie beim Verkauf im Hinblick auf den Schaden bei den Steuerzahlern auf einen möglichst hohen Ertrag aus sei. "Andererseits wollen Investoren bei einem Abverkauf auch immer den abgebenden Investor, also den Bund, noch an Bord haben", erläuterte Daub weiter. So auch bei den Privatisierungen von Post und Telekom geschehen. Ein Gesamtverkauf in den öffentlichen Markt müsse dann in mehreren Schritten vermutlich über sechs bis zehn Jahre erfolgen - also zu lange, um den Kommissionsvorgaben bis 2028 entsprechen zu können.
Investorensuche schwierig
Als weitere Option steht ein vollständiger Verkauf des Anteilspakets an einen oder mehrere finanzkräftige Investoren im Raum. Doch auch diesen Weg sieht der M&A-Experte als unwahrscheinlich an. "In den letzten 12 bis 18 Monaten haben wir gesehen, dass M&A-Transaktionen mit einem solch hohen Volumen selbst im Energie- und Infrastrukturbereich weiterhin schwierig zu realisieren sind", sagte Daub. Er verwies auf die M&A-Prozesse bei der DB-Logistiktochter Schenker und dem Abrechnungsdienstleister Techem.
Dennoch wurde in den vergangenen Wochen ein möglicher Käufer in den Medien gehandelt: der kanadische Vermögensverwalter Brookfield. Der Investor hat global ein Finanzvolumen von knapp 140 Mrd. Euro under management. Als potenzielle Interessenten waren aber auch schon die Namen des norwegischen Öl- und Gaskonzerns Equinor und des Energiekonzerns Taqa aus Abu Dhabi zu vernehmen. Auch der tschechische Energiekonzern EPH, der kürzlich erst bei der Thyssenkrupp-Stahltochter eingestiegen war und seit 2016 den Kraftwerksbetreiber Leag zum Portfolio zählt, wird als Interessent gehandelt.
Daub vermutet zwar, dass die Bundesregierung einen europäischen oder deutschen Investor grundsätzlich bevorzugen könnte, auch wenn die Zahl großer Investoren mit ausreichendem Kapital begrenzt ist. Brookfield als internationaler Investor mit bestehenden Engagements in Europa wäre als Käufer aus seiner Sicht eher unproblematisch. "Wir sprechen hier von kritischer Infrastruktur und da hat die Bundesregierung, aber auch andere betroffene Regierungen, in deren Ländern Uniper Aktivitäten hat, ein Interesse an einer stabilen und möglichst langfristigen Lösung", erklärte er. In der Vergangenheit hatte der Bund Transaktionen im Zweifelsfall aber auch unterbunden, prominentes Beispiel ist etwa der Fall von 50 Hertz. Als 2018 ein chinesischer Staatskonzern bei dem Übertragungsnetzbetreiber einsteigen wollte, kam der Bund zuvor und übernahm das Anteilspaket aus "sicherheitspolitischen Erwägungen" selbst.
Wegen Risiko ist Auswahl eingeschränkt
Potenzielle Käufer für die Uniper-Anteile finden sich auch im Kreise der Infrastrukturfonds. Doch viele solcher Investoren streuen ihr Kapital gern breit und investieren daher nur in Größenordnungen von bis zu zwei Mrd. Euro Marktbewertung, schätzte Daub. Uniper kommt indes auf eine Marktkapitalisierung von etwa 18 Mrd. Euro. "Für das Portfolio eines Investors würde Uniper als Ganzes ein Klumpenrisiko darstellen", fasste er zusammen.
Auch eine Zerschlagung von Uniper hält der M&A-Berater für eine Option. Daub erinnerte daran, dass Uniper ohnehin verpflichtet ist, Teile seines Geschäfts als Auflage der EU-Genehmigung zu verkaufen. Dazu gehört auch das Steinkohlekraftwerk Datteln 4. "Doch auch für Datteln 4 muss aber erst noch ein Investor gefunden werden: Der Kaufpreis ist nicht unerheblich und nicht jeder Investor kann oder will in Kohle investieren", räumte der Ashurst-Jurist ein. Aber auf diesem Weg könnte Uniper zunächst "verkleinert" werden und die verbliebenen Aktivitäten dann leichter in einem Block verkauft werden. /hp