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Über 2.100 Kilometer Wasserstoff-Kernnetz bis 2027

Berlin (energate) - Der bei der Bundesnetzagentur eingereichte Antrag zum deutschen Wasserstoff-Kernnetz hat sich gegenüber dem bisherigen Entwurf verändert. "Gerade in Baden-Württemberg sind noch einige Leitungen dazugekommen, darunter beispielsweise das Hochrhein-Projekt der Badenova", erläuterte die Geschäftsführerin des Branchenverbands FNB Gas, Barbara Fischer, bei einer Pressekonferenz.  Der Südwesten galt lange als weißer Fleck auf der Kernnetz-Karte. "Die angestrebte Aufnahme in das Kernnetz ist ein absoluter Game Changer für die Region", bekräftigte ebenso Julie Weiss, Technische Geschäftsführerin von Badenova Netze im Interview mit energate

 

Außer dem Projekt des Freiburger Verteilnetzbetreibers, das eine Versorgung von Industriekunden vorsieht, sind noch Projekte von 15 lokalen und regionalen Netzbetreibern ("potenzielle Wasserstoffnetzbetreiber") mit einer Gesamtlänge von 800 Kilometern Teil des Antrags. Dazu zählen die Berliner Gasag-Tochter NBB mit 60 km Leitungen, wie der Gasag-Vorstandsvorsitzende Georg Friedrichs im Gespräch mit energate erläuterte, Gasnetz Hamburg, Sachsen Netze oder die saarländische Creos. Auf der anderen Seite wurden mehrere Projekte abgelehnt oder die Unternehmen selbst haben sie zurückgezogen, sodass die vorgelagerten Fernleitungsnetzbetreiber (FNB) nochmals umplanen mussten. Jetzt ist es Aufgabe der Bundesnetzagentur (BNetzA), den Antrag mit einer Gesamtlänge von 9.666 Kilometern, davon 4.157 Kilometer Neubau, innerhalb von zwei Monaten zu genehmigen.

 

Bis zum 6. August können Marktteilnehmer Stellung nehmen. "Es würde mich überraschen, wenn es nochmal größere Änderungen geben würde", ordnete Thomas Gößmann, Vorstandsvorsitzender des FNB Gas, ein. Schon ein erster informeller Entwurf von Mitte November 2023 wurde von der BNetzA analysiert und konsultiert. Die Ergebnisse wurden in dem neuen Entwurf berücksichtigt. Philipp Steinberg, der zuständige Abteilungsleiter des Bundeswirtschaftsministeriums (BMWK), zeigte sich auf energate-Nachfrage in der Pressekonferenz zumindest "sehr zufrieden" mit dem bisher Erreichten. 

 

Über 2.100 Kilometer in den ersten drei Jahren

 

Nach energate-Zählung sollen planerisch laut dem Antrag bis Ende 2027 über 2.100 Kilometer Leitungen der FNB in Betrieb gehen, davon 520 Kilometer Neubau. Die Investitionen für diese ersten Leitungen betragen insgesamt knapp drei Mrd. Euro. Sie werden in jedem Fall realisiert, wenn mit dem Bau spätestens 2025 begonnen wird. Alle anderen Projekte werden gemäß § 28q Abs. 8 EnWG durch die Bundesnetzagentur im Rahmen der neuen gemeinsamen Gas- und Wasserstoffnetzentwicklungsplanung evaluiert. Das Instrument sei "sehr hilfreich", um den Aufbau des Kernnetzes "finanzierbar zu halten", kommentierte BMWK-Abteilungsleiter Steinberg.

 

Sowohl Fischer als auch Gößmann betonten während der Pressekonferenz aber, dass die FNB das gesamte Kernnetz bis 2032 realisieren wollen. Dies gelte auch, obwohl bei "einigen Projekten" noch kein konkreter Projektträger benannt wurde. Nach erster Durchsicht der Redaktion summieren sich die namenlosen Vorhaben allerdings auf 2.800 Kilometer Leitungslänge. Für Benjamin Pfluger von der Fraunhofer-Einrichtung für Energieinfrastrukturen und Geothermie IEG ein "entscheidendes Manko", wie er in einem Gastkommentar für energate schreibt.

 

In der Liste der Maßnahmen fehle in der neuen Spalte "Verantwortliche Unternehmen" der Eintrag für mehr als die Hälfte der Neubauleitungen, für zwei der drei Verdichter und sogar für einige umzustellende Bestandsleitungen. "Besonders die kapitalintensiven Neubauprojekte möchten die FNB zu den derzeitigen Konditionen offenbar nicht übernehmen", so Pfluger. Er hält das Kernnetz für "zu früh zu groß geplant". Dass der integrierte NEP Gas und Wasserstoff der richtige Ort für die erforderlichen Anpassungen sei, zweifelt er an. Die Geschäftsführerin des FNB Gas Fischer betonte unterdessen, dass sich auch im Gasbereich für Projekte im NEP-Prozess immer wieder ein Unternehmen gefunden habe.

 

Get H2 wird eines der ersten Projekte

 

Die ersten Wasserstoffleitungen im deutschen Kernnetz werden aller Voraussicht nach die über 300 Kilometer, welche die Netzbetreiber OGE und Thyssengas gemeinsam für "GetH2" planen. Den Wasserstoff produziert RWE. Aber auch das kleinere Projekt von VNG mit knapp 25 Kilometern im "Reallabor Bad Lauchstädt" wird unter den ersten sein, wie Niels Krap vom Netzbetreiber Ontras bei der Pressekonferenz ausführte. Das Kernnetz ist im Endausbau bis 2032 auf 278 TWh Transportmenge ausgelegt. Das entspreche ungefähr einem Drittel des bisherigen Gastransportes, ordnete Gößmann ein. Er gab sich optimistisch, dass die Netzagentur den Antrag bis September genehmigt und die ersten Bagger bald danach rollen.

 

Bisher belaufen sich die Kostenschätzungen auf 19,7 Mrd. Euro. Die EU-Kommission genehmigte bereits drei Mrd. Euro, um die Differenz aus den Kreditkosten im freien Markt und den Kreditkosten bei der Bank KFW auszugleichen. "Ich bin zuversichtlich, dass wir die Finanzierung hinkriegen", betonte Gößmann. Investoren hätten Vertrauen in die deutsche Politik und die Regulierung, die ein Markthochlaufentgelt und ein Amortisationskonto bereithält. Steinberg erläuterte, dass der Finanzierungsmechanismus für genehmigte Kernnetzprojekte bedarfsorientiert noch fünf weitere Jahre bis 2037 greifen könne, obwohl das Kernnetz eigentlich 2032 fertig sein soll. /mt/hl/tc

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