UBA gibt Zertifikate bei UER-Projekten aus China nicht frei
Berlin (energate) - Das Umweltbundesamt (UBA) treibt die Aufklärung der Betrugsskandale um die Upstream Emission Reductions (UER) voran. Acht Projekte aus China, die noch auf eine Freigabe warteten, werde die Behörde aufgrund von Unregelmäßigkeiten nun nicht freischalten, teilte sie mit. "Es werden aus diesen Projekten also keine neuen UER-Zertifikate in den Markt gelangen. Das ist eine gute Nachricht", erklärte UBA-Präsident Dirk Messner. Bei der Überprüfung der betroffenen Vorhaben hatte sich das UBA zusätzlich zu den eigenen Ermittlungen von einer internationalen Anwaltskanzlei unterstützen lassen. Denn das UBA habe festgestellt, dass die reine Begutachtung von UER-Projekten aus der Ferne auf Basis von Satellitenbildern oder die Papierprüfung der von Projektträgern eingereichten Berichte nicht ausreiche, um Missbrauch aufzudecken und nachzuweisen.
UBA musste viel Kritik einstecken
Es hatte im Vorfeld viel Kritik an der Art der Aufarbeitung der Betrugsfälle durch das UBA gegeben, Marktteilnehmende warfen den Behörden monatelange Untätigkeit vor. Im Juni gab es dazu beispielsweise schon eine Sonderanhörung im Bundestag zu dem Thema. Die Union warf Bundesumweltministerin Steffi Lemke (Grüne) sogar Kontrollversagen vor. Auch für Jan Röstel, Head of Sales & Co-Founder des Plattformbetreibers Q-Bility, war das Verhalten des UBA unverständlich, wie er im Gespräch mit energate sagte. "Sich als Prüfstelle darauf auszuruhen, dass man nicht ins Produktionsland reingelassen werde, um die Beimischungsanlagen zu überprüfen, war ein fataler Fehler", so seine deutlichen Worte. Aus seiner Sicht hätte es mehr Druck auf China für eine Überprüfung vor Ort gebraucht. "Wir müssen davon ausgehen, dass bei der Genehmigung dieser Projekte nicht genau genug hingeschaut wurde", so Röstel. Anders sei es nicht erklärbar, dass sich eine vermeintliche Anlage, für deren Bau viel Geld geflossen ist, als "leerer Hühnerstall" entpuppt habe.
UBA setzt nun mehr auf Vor-Ort-Kontrollen
Genau bei diesen Vor-Ort-Kontrollen will das UBA nun offenbar ansetzen. Neben den bereits abgelehnten acht Projekten will die Behörde weitere 13 Vorhaben genauer unter die Lupe nehmen. In allen diesen 21 Projekten hat das UBA laut eigenen Aussagen die Projektträger um Autorisierung von Kontrollbesuchen vor Ort gebeten. In nur fünf Fällen habe es eine Autorisierung gegeben. Zwei der Besuche fanden schon statt, drei weitere stünden noch aus. "Für uns ist die Verweigerung der Vor-Ort-Kontrollen ein sehr starkes Indiz, dass die Projektträger nicht bereit sind, ihre Verpflichtungen zu erfüllen", erklärte Messner. Seine Behörde nehme das zum Anlass, "die Aufhebung unserer Zustimmung zu diesen Projekten zu prüfen". Für die weitere Aufklärungsarbeit will sich der UBA-Präsident "persönlich mit einem ganz erheblichen Teil meiner Arbeitszeit einsetzen", betonte er.
Betrugsskandal hatte zum THG-Quotenverfall geführt
Nach Ansicht zahlreicher Branchenvertreter kommen diese Aktivitäten zu spät. Erst kürzlich hatte sich eine neue Initiative mit dem Namen "Klimabetrug Stoppen" gegründet, die sich speziell für Maßnahmen zum Stopp der betrügerischen Aktivitäten beim THG-Quotenhandel einsetzen will. Rund 50 Unternehmen und Verbände machen aktuell mit. Dazu gehören etwa das Hauptstadtbüro Bioenergie, der Biokraftstoffhersteller Verbio und der Bundesverband THG-Quote.
Hintergrund ist, dass die Preise für die THG-Quoten von mehr als 400 Euro/t im September 2022 auf aktuell rund 100 Euro/t gefallen sind. Für "Klimabetrug Stoppen" sind vor allem falsch deklarierter Biodiesel aus Asien sowie Betrugsmaßnahmen bei den UER für diesen massiven Preisverfall verantwortlich. Bei den UER können Mineralölunternehmen CO2-Reduktionen, die durch Projekte im Upstream-Sektor erzielt werden, auf die THG-Quote anrechnen lassen. Wo diese Projekte realisiert werden, ist egal. Die Art der Anrechnung der UER ist noch bis Ende 2024 möglich.
Auch Staatsanwaltschaft ermittelt
Unabhängig von der Aufklärungsarbeit des Umweltbundesamtes beschäftigt der Betrugsskandal mittlerweile die Staatsanwaltschaft Berlin. Dieser ermittelt gegen 17 Personen wegen des Verdachts des gemeinschaftlichen gewerbsmäßigen Betruges. Bei den Beschuldigten handelt es sich um die Geschäftsführer oder Mitarbeitende von Prüfstellen, die an der Verifizierung von UER-Projekten beteiligt gewesen sein sollen. Gegen die Beschuldigten bestehe der Anfangsverdacht, die zuständigen Mitarbeitenden des UBA hinsichtlich der Existenz oder der Antragsberechtigung verschiedener Klimaschutzprojekte getäuscht zu haben. /ml