Tennet macht Deutschlandsparte verkaufsbereit
Arnhem/Bayreuth (energate) - Der avisierte Verkauf der Deutschlandsparte von Tennet rückt näher. Zumindest schafft der staatliche niederländische Übertragungsnetzbetreiber weitere Voraussetzungen, die den Niederlanden den Ausstieg aus dem deutschen Netzgeschäft im kommenden Jahr ebnen sollen. Mit dem Jahreswechsel arbeitet Tennet offiziell mit "zwei eigenständigen nationalen Organisationen" unter einer gemeinsamen Holding, teilte das Unternehmen mit. Tennet Germany, der größte der vier deutschen Übertragungsnetzbetreiber, wird dann von Tim Meyerjürgens als CEO geführt.
Der 49-Jährige ist aktuell Chief Operating Officer von Tennet und verantwortet das gesamte Onshore- und Offshore-Geschäft in Deutschland und den Niederlanden sowie alle internationalen Interkonnektorprojekte. Das macht ihn zu einer der prägenden Figuren der Tennet-Führung in Deutschland. Meyerjürgens war schon vor der Übernahme durch die Niederländer bei der damals noch zu Eon gehörenden Netzgesellschaft tätig. Er gab sich anlässlich seiner Nominierung als designierter Tennet-Deutschland-Chef motiviert, "die nächste Phase" beim anstehenden Netzausbau anzugehen.
Abstoßen will Tennet seine Deutschlandsparte mit Blick auf die milliardenschweren Investitionen, die besagte "nächste Phase" mit sich bringt. Offen ist unterdessen, wie und bis wann Tennet den Verkauf seiner Deutschlandsparte wird vollziehen können. "Jemanden in der geeigneten Größenordnung zu finden, ist nicht trivial", sagte Tibor Fedke im Gespräch mit energate. Der Fachanwalt ist Experte für die Energiebranche im Berliner Büro der auf Mergers & Acquisitions spezialisierten Kanzlei Noerr.
Haushaltsurteil bremste Deutschland-Niederlande-Deal aus
Generell müsse sich Tennet fragen, ob die Marge der Deutschlandsparte für einen privaten Investor attraktiv genug sei. "Schließlich hat Tennet ein wertvolles und großes Bestandsnetz und private Investoren können sich nicht so günstig refinanzieren, wie es der Bund gekonnt hätte", so Fedke mit Blick auf den im Januar gescheiterten Übernahmeversuch durch die Bundesrepublik Deutschland. Verhandelt hatten beide Seiten seit dem Frühjahr 2023.
"Letztlich scheiterte der Versuch der Ampelregierung am Haushaltsurteil des Bundesverfassungsgerichts", ordnet der Experte ein. Beim avisierten Niederlande-Deutschland-Deal hatte ein zweistelliger Milliardenbetrag im Raum gestanden. Verschiedene Medien hatten den Wert von Tennet Germany auf 20 bis 25 Mrd. Euro taxiert. "Das Problem war aber, dass der Staat die Zins- und Tilgungslasten nicht wie ein Privatinvestor voll auf die Investition legen darf, sondern hätte im Haushalt ausweisen müssen", führt Fedke aus. "Aus unternehmerischer Sicht ist das abwegig."
Direktverkauf oder Börsengang
Aktuell prüfen die Niederlande als Alleineigner ihre Veräußerungsoptionen. Es geht darum, Deutschlands größten Übertragungsnetzbetreiber entweder direkt zu verkaufen oder an die Börse zu bringen. Um Zeit dafür zu gewinnen, stellte der niederländische Staat Tennet Germany vor wenigen Monaten milliardenschwere Kredite in Aussicht, die die Finanzierung bis einschließlich 2026 sicherstellen sollen. Gleichzeitig baut die niederländische Regierung darauf, dass ihr der Exit vorher gelingt und der Netzbetreiber die Kredite nicht abrufen wird.
Ampel-Aus erschwert die Ausgangslage für den Verkauf
Welchen Weg Tennet letztlich wählen wird, ist aus der Sicht von M&A-Experte Fedke noch völlig offen. Als denkbare Interessenten nennt er große und langfristig orientierte Pensions- und Infrastrukturfonds. Ein wahrscheinliches Szenario sei ein größeres Fondskonsortium, "das vermutlich einen Partner bräuchte, der das Netz operativ betreibt". Dafür käme durchaus auch der bisherige niederländische Mutterkonzern infrage.
Die aus Verkäufersicht nicht ganz leichte Gemengelage hängt auch mit dem Bruch der Ampelkoalition zusammen. Damit ist eine "auf absehbare Zeit vorherrschende Unsicherheit beim Regulierer" verbunden, stellte Fedke klar. "Die Investorenseite wird warten, bis sich eine neue Bundesregierung konsolidiert hat und klar ist, wer im Bundeswirtschaftsministerium sitzt." Deshalb sei es unwahrscheinlich, dass der Verkaufsprozess "kurzfristig, also in den kommenden vier Monaten, in Gang kommt". Sehr wohl realistisch ist nach Fedkes Einschätzung allerdings, dass sich "2025 etwas bewegt". /pa