Sefe steht fest zu Wasserstoffplänen
Berlin (energate) - Der Wasserstoffmarkt kommt nicht in Fahrt. Renditeorientierte Konzerne wie Shell, Equinor und jetzt auch BP vollziehen ein Strategie-Reset und rücken ihren Aktionären zuliebe wieder die Produktion von Öl und Gas in den Vordergrund. Anders die Berliner Securing Energy for Europe (Sefe),die seit der Gaskrise im Staatsbesitz ist und die bei ihren Wasserstoffzielen nicht zurückrudern will. "Ohne Wasserstoff und saubere Moleküle in ausreichenden Mengen und zu wettbewerbsfähigen Preisen wird es nicht gelingen, die Industrie zu transformieren", sagte Hans Hermes, Leiter des Wasserstoffbereichs bei Sefe, im Interview mit energate.
Trotz widriger Marktbedingungen müsse Deutschland die Dynamik des genehmigten Kernnetzes jetzt nutzen und regulatorische Hemmnisse pragmatisch angehen. "Wir leben nicht auf einer Insel, sondern stehen beim Thema Wasserstoff im Wettbewerb mit anderen Regionen, insbesondere mit Ostasien und den USA", mahnte Hermes. Seit Frühjahr 2024 leitet er den neu gegründeten Wasserstoffbereich der Sefe. Sein Team zählt inzwischen 25 Mitarbeiter, verteilt über verschiedene Standorte wie Berlin, London und Kassel. Das Team plant Projekte für die 2030er und 2040er Jahre. Da werde es auch in den Folgejahren "mal mehr und mal weniger Begeisterung für Wasserstoff geben", mahnte Hermes zur Geduld.
Flaggschiffe sind Brasilien und Saudi-Arabien
"Wasserstoff made in Germany" steht bei den Planungen allerdings nicht im Vordergrund. "Wir wollen sehr gerne deutsche Projekte machen, und zwar auch entlang unserer Pipelines. Aber im Moment ist der Strom schlicht zu teuer und damit auch die Elektrolyse", erläuterte Hermes. Stattdessen hat Sefe zwei strategische Partnerschaften mit Brasilien und Saudi-Arabien geschlossen. Dort seien die Bedingungen für erneuerbare Energien "ideal". Wasserstoff könne zu wettbewerbsfähigen Preisen produziert werden. So wird in Brasilien dank eines starken Zubaus der Solarenergie Wasserkraft für die Elektrolyse frei. In Saudi-Arabien sind es Solar- und Windkraft, eine gut ausgebaute Infrastruktur und die hohe Finanzkraft, die Sefe optimistisch stimmen.
Auch wenn die beiden "Flaggschiffe", wie der Abteilungsleiter sie nennt, auf grüner Wasserstoffproduktion basieren, entwickelt der integrierte Konzern, der auch Gasspeicher und Fernleitungsnetze betreibt, Projekte zu kohlenstoffarmem Wasserstoff aus Dampfreformierung und Pyrolyse. "Wir können es uns nicht leisten, Farbenlehre zu betreiben", betonte Hermes.
Risikoteilung ist wichtig
Ein zentrales Problem des jungen Wasserstoffmarktes ist die fehlende Abnahmebereitschaft. "Es gibt weltweit über 1.600 Projekte, aber kaum Investitionsentscheidungen, weil es an langfristigen Verträgen fehlt", erläuterte der Abteilungsleiter. Bisher hat Sefe noch keinen großen H2-Liefervertrag mit einem Kunden abschließen können, rechnet aber bis spätestens 2028 damit. Zur Einordnung: Das Unternehmen zählt 50.000 Endkunden, davon 500 Großkunden - darunter Stadtwerke und Industrie mit einem Verkaufsportfolio von 200 TWh Gas und Strom. Die Stahlindustrie ist sehr stark vertreten, aber Sefe spricht auch mit der Zementbranche und der Abfallbranche. Da geht es dann eher um CO2-Abscheidung statt um Wasserstoff. Dazu befindet sich aktuell ein eigenes Team beim Berliner Unternehmen im Aufbau.
Warum ist es so schwierig, Wasserstoffverträge unter Dach und Fach zu bringen? In einem etablierten Markt wie den Erneuerbaren sei es möglich, ein Projekt zu entwickeln, ohne am Anfang zu wissen, wer die Energie kauft. Beim Wasserstoff sei das nicht so, erläuterte Hermes. Denn es gibt keinen Einspeisetarif, bestehende Infrastruktur oder sichere Käufer. "Wir können also nicht einfach zehn bis 15 Jahre warten, bis sich genügend Interessenten melden." Somit müssen Importeure schon eine Stufe vorher einsteigen, damit sich das Risiko bei der Entwicklung aufteilt. "Bei unseren großen Projekten können die ersten signifikanten Mengen 2030 in Deutschland ankommen und das ist genau dann, wenn erwartungsgemäß große Teile des Kernnetzes stehen werden", blickt der Wasserstoffexperte voraus. /mt
Das vollständige Interview lesen Sie im heutigen Add-on Gas und Wärme.