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Rolls Royce setzt auf Gas- und Wasserstoffmotoren

Augsburg (energate) - Der Absatz von Gasmotoren in Deutschland und Mitteleuropa ist trotz Gaspreiskrise relativ stabil geblieben. "Es gab nur eine Delle", erläuterte Tobias Schnell, Geschäftsführer der Rolls-Royce Solutions Augsburg, bei einem Presserundgang durch das Werksgelände. Bei der Entwicklung von Wasserstoffmotoren kommt der Hersteller nach eigenen Angaben voran und wird voraussichtlich Ende dieses Jahres seinen ersten 100-Prozent-Wasserstoffmotor in Richtung Ruhrgebiet ausliefern können.

 

Alle zwei Jahre öffnet Rolls Royce im Rahmen seiner Fachtagung "mtu Power Generation Symposium Europe" die Werkstore für seine deutschen und internationalen Kunden. Bisher war das Hauptwerk in Friedrichshafen in Baden-Württemberg Gastgeber, wo die Motoren gefertigt werden. Dieses Mal übernahm das bayerische Werk diese Rolle. In Augsburg werden die eigenen Motoren und die Generatoren, die Rolls Royce von zwei Lieferanten bezieht, in zwei Montagelinien "verheiratet". Die Zahl der Montagen bezifferte Schnell auf 350 pro Jahr. Damit ist es das größte Gassystemwerk des Herstellers.

 

Anschließend werden die Anlagen in drei Prüfständen getestet, die montags bis freitags im Schichtbetrieb laufen. Der Standardtest dauert einen Tag, bei speziellen Kundenanforderungen können es auch schon einmal mehrere Tage werden. Etwa 80 Prozent des Kundenstamms nutzen nach wie vor Erdgas, nur 20 Prozent Biomethan, erläuterte der Geschäftsführer gegenüber energate. In den Prüfständen ist allerdings kein Biomethan verfügbar, der Hersteller simuliert den Brennstoff mit Zumischung spezieller Gase.

 

Kraftwerksausschreibungen und Regelenergie treiben Nachfrage

 

Im Rahmen der Kraftwerksstrategie hofft Rolls Royce auf neuen Absatz. Kleine, dezentrale Gasmotoren könnten die volatilen Wind- und Solareinspeisungen gut ausgleichen, lautet das Verkaufsargument. Die aktuelle mtu-Gasmotoren-Baureihe kommt auf eine Leistung von 776 bis 2.535 kW elektrisch. Die Bieter in den kommenden Kraftwerksausschreibungen, über die der Bund Fördergelder verteilt, will der Hersteller gerne beliefern. Auch heute schon spielt das Thema Stromnetzstabilisierung bei den Kunden eine größere Rolle, erläuterte Schnell auf Nachfrage. Die Motoren ließen sich innerhalb von 120 Sekunden hochfahren und könnten damit in der Sekundärreserve im Regelenergiemarkt Geld verdienen.

 

Neues Zertifikat für Wasserstoffmotoren

 

Gemeinsam mit weiteren Partnern arbeitet das Augsburger Team seit rund 2,5 Jahren an der Entwicklung von Wasserstoffmotoren. Von Tüv Süd hat der Hersteller jetzt ein neues H2-ready-Zertifikat für die Gasmotorenbaureihe 4000 FNER/FV erhalten. Damit könnten sich Kunden sicher sein, dass sich die Komponenten mit einem Kit auf Wasserstoff umrüsten ließen.

 

Aber auch die 100-Prozent-Wasserstofflösung rückt näher. Spätestens Anfang nächsten Jahres sollen die ersten beiden Prototypen das Augsburger Werk in Richtung Ruhrgebiet verlassen. Der Duisburger Hafen wird die zwei Blockheizkraftwerke im neuen Containerterminal aufstellen. Die Ingenieure, die ihren Teststand den Besuchern mit Testlauf vorstellten, haben das Ziel von 1 MW Leistung erreicht. Gehofft wird auf 1,2 MW in der weiteren Entwicklung. Zum Vergleich: Ein Erdgaszylinder schafft 130 kW pro Zylinder, Wasserstoff nur 80 kW - stofflich bedingt.

 

Zudem ist Wasserstoff leichter entzündbar und braucht daher ein ganz neues Einspritzsystem. Während beim Erdgasmotor der Brennstoff nur an einer zentralen Stelle zugeführt wird, muss dies beim Wasserstoffmotor in den zwölf Zylindern einzeln passieren. Dafür entwickeln die Ingenieure eine neue Gasregelstrecke, die bisher noch recht groß ausfällt aber künftig, "deutlich kompakter" werden soll. Der Gasspezialist Linde liefert den für die Tests nötigen Wasserstoff in Trailern. Ein LKW pro Tag fährt zum Augsburger Werk. Mit einer Füllung von 800 kg kommt der Prüfstand etwa zehn Stunden aus, also einen Tag.

 

Dieselmotoren bleiben Cash Cow

 

Das Hauptgeschäft für Rolls Royce sind aber nach wie vor die Dieselmotoren, die unter anderen Bahnen, Panzer oder Schiffe antreiben. Auch Rechenzentren rücken als Kunden in den Vordergrund. Hyperscaler wie Google oder Amazon bauen Motoren mit 31 bis 35 MW auf, so Schnell. Gleichzeitig wird zu 100 Prozent überbaut, also nochmal genauso viele Motoren für die Notstromversorgung aufgebaut.

 

Abwärme kommt bald ins Fernwärmenetz

 

Mit den Testläufen in Augsburg erzeugt Rolls-Royce etwa fünfmal soviel Strom wie das Werk selbst braucht. Der Überschuss wird eingespeist, dies soll auch bald bei der Wärme passieren, die bisher noch an die Umgebung abgegeben wird. Mit den Stadtwerken Augsburg hat das Unternehmen bereits einen Liefervertrag unterschrieben, der 5 bis 8 Mio. kWh pro Jahr umfasst. Festgehalten ist, dass das Werk "nach Können und Vermögen" liefert und kein Prüfstand nur der Wärmelieferung zuliebe laufen muss, betonte der Geschäftsführer. /mt

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