Restampel gewinnt nur den energate-Wahlcheck
Berlin (energate) - Während Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) nach der Bundestagswahl nun Rückschritte in der Klimapolitik befürchtet, stellen die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des energate-Wahlchecks Deutschlands Klimaziel nicht infrage. 4.275 von 5.956 Teilnehmenden stimmten der These zu, Deutschland solle an den Zielen festhalten. 83 Prozent der Teilnehmenden widersprachen zudem der These, dass Deutschland aus dem Pariser Klimaabkommen aussteigen solle - was im Bundestagswahlkampf nur von der AFD gefordert wurde.
Auch der Wahlsieger Union sowie der Wahlverlierer SPD, die nun vor der Koalitionsbildung stehen, stellen Deutschlands Ziel der Klimaneutralität bis 2045 nicht in Abrede. Diese Farbkombination habe aber schon einmal bewiesen, dass die Tatbereitschaft zu ausreichenden Klimaschutzmaßnahmen fehle, sagte Habeck auf einer Pressekonferenz zur Bundestagswahl. "Als ich das Amt übernommen habe, wurden Gasheizungen noch subventioniert", so Habeck. Mit ihrer Ankündigung, das Verbrennerverbot aufheben zu wollen, habe die kommende Koalition quasi angekündigt, die Klimaschutzziele nicht einhalten zu wollen.
Habeck, der seinen Rückzug aus der Parteispitze ankündigte, spielte damit auf die Forderung der CDU an, das EU-Verbrennerverbot ab dem Jahr 2035 rückgängig machen zu wollen. Die Teilnehmenden des energate-Wahlchecks sprechen sich hingegen mehrheitlich dagegen aus: 2.872 sind für ein Aus des Verbrenners, 1.849 dagegen. 715 stimmten neutral.
Über 8.000 Wahlcheck-Teilnehmende
Insgesamt nahmen zwischen dem 31. Januar und dem Wahltag 23. Februar über 8.000 Personen am Wahlcheck teil. Diesen hatte energate zusammen mit BET Consulting entwickelt, um den Leserinnen und Lesern einen Abgleich der energiepolitischen Positionen der Parteien mit den eigenen Vorstellungen zu ermöglichen. Abgefragt wurden 24 Thesen zu den Themen Versorgungssicherheit, Energiekosten, Gasversorgung, Wasserstoff, Netzausbau, Erneuerbarenausbau, Kernkraft, Wärme, Verkehr und Klimaschutz. Rund 5.500 Teilnehmerinnen und Teilnehmer führten den Wahlcheck vollständig durch, weitere knapp 2.600 in Teilen.
Eine hohe Zustimmung mit 80 Prozent erreichte beispielsweise die These, dass es einer Reform der Netzentgelte bedarf, um private Verbraucher und Industrie zu entlasten. Hohe Zustimmungswerte erreichten auch Thesen zum Thema Wärme und Gebäude, zum Beispiel die Forderung, der Staat sollte Haushalte stärker finanziell unterstützen, um eine energetische Gebäudesanierung zu ermöglichen.
Eine hohe Ablehnung erfuhren hingegen zwei Thesen zur Gasversorgung. Jeweils über 3.500 Teilnehmende lehnen es ab, dass Fracking zur Förderung von Gas in Deutschland erlaubt sein sollte oder dass die Nord-Stream-Pipelines wieder in Betrieb genommen werden sollten. Eine fast ebenso große Ablehnung erfuhr die Ankündigung der CDU, den Wiedereinstieg in die Kernenergie zu prüfen.
Größte Übereinstimmung mit Wahlverlierer
Überraschendes zeigen die Ergebnisse des Wahlchecks beim Parteienvergleich. Während die Grünen bei der Bundestagswahl mit 11,6 Prozent rund 3 Prozentpunkte verloren haben, auf Platz vier landeten und nun keine Chance mehr auf eine Regierungsbeteiligung haben, führen sie den energate-Wahlcheck mit 68,9 Prozent Übereinstimmung an. Ihnen dicht auf den Fersen sind der große Wahlverlierer SPD mit 67,8 Prozent Übereinstimmung, gefolgt von den Linken mit 63 Prozent. Der Wahlgewinner CDU/CSU kommt mit 56,7 Prozent lediglich auf Platz vier. Es folgen BSW (54,7) und FDP (50,8), die beide an der Fünf-Prozent-Hürde gescheitert sind. Die AFD, mit 20,8 Prozent Zweitplatzierter bei der Bundestagswahl, landet im energate-Wahlcheck mit 38 Prozent Zustimmung zu ihren Thesen auf dem letzten Platz.
Als einzig realistische Regierungsoption steht nun eine schwarz-rote Koalition im Raum. Ein Vergleich der energiepolitischen Positionen zwischen beiden Parteien zeigt sieben Übereinstimmungen und sechs Abweichungen. In den anderen Fragen haben einer oder beide potenzielle Partner mit neutral gestimmt. Einig sind sich die Union und SPD beispielsweise, dass es keine Teilung der deutschen Strompreiszone geben soll oder, dass die Produktion von grünem Wasserstoff in Deutschland stark ausgebaut werden soll.
Mehr Überschneidung zwischen Union und AFD
Konfliktpotenzial bieten hingegen die Themenbereiche Förderung der Wärmewende, Verbrennerverbot, Fracking und Kernenergie. Genau in diesen Bereichen gibt es hingegen energiepolitische Überschneidungen zwischen Union und AFD. Insgesamt finden sich sogar zehn Übereinstimmungen zwischen diesen beiden Parteien und nur fünf Abweichungen. Während AFD-Chefin Alice Weidel noch am Wahlabend der Union Koalitionsverhandlungen angeboten hat, schließt CDU-Chef und Kanzlerkandidat Friedrich Merz dies bislang jedoch aus.
Erwartet wird, dass Union und SPD nach der Bürgerschaftswahl in Hamburg am 2. März mit der Sondierung beginnen werden. Kanzler Olaf Scholz (SPD) will nicht mitverhandeln und auch kein Regierungsamt übernehmen, aber Abgeordneter im Bundestag bleiben. Bis sich der Bundestag neu konstituiert hat und die neue Regierung im Amt ist, bleiben sowohl die alte Regierung als auch der alte Bundestag handlungsfähig. "Wir haben sogar noch die Möglichkeit, eine Reform der Schuldenbremse jetzt zu beschließen", sagte Wirtschaftsminister Habeck mit Blick auf die enormen geo- und wirtschaftspolitischen Herausforderungen - und mit Blick auf eine möglicherweise fehlende Zweidrittelmehrheit für Verfassungsänderungen. Diese fehle Union, SPD und Grünen ohne Linke oder AFD. Aber das Mandat für so etwas liege nun bei Friedrich Merz, so Habeck. /ck/cs