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Offshore-Windkraft: IG Metall in Sorge um Arbeitsbedingungen auf See

Emden (energate) - In der Offshore-Windkraft gibt es "sehr spezielle Arbeitsplätze". Die Wartungsteams auf See sind besonderen und zugleich nicht nur körperlich anspruchsvollen Arbeitsbedingungen ausgesetzt, die es zu verbessern gilt. Darauf machte die IG Metall Küste aufmerksam. Die Gewerkschaft legte dazu jetzt einen Katalog mit Forderungen vor, die sowohl die Projektierer und Betreiber als auch die Politik in die Pflicht nehmen. Bestehende Konzepte müssten neu evaluiert werden, sagte IG-Metall-Bezirksleiter Daniel Friedrich bei der Vorstellung der Forderungen. Auch mit Blick auf den Fachkräftemangel gefährde der gegenwärtige Status bei Wartung und Instandhaltung auf hoher See die Offshore-Ausbauziele Deutschlands, mahnte er.

 

Das Positionspapier entstand in Zusammenarbeit mit Praktikern aus der Branche, betonte Friedrich, darunter Gewerkschaftsfunktionäre des Servicedienstleisters Windmultiplikator sowie von Ørsted. Beide betreuen von Emden aus laufende Nordsee-Windparks. An bestehenden Konzepten zur Sicherstellung adäquater Arbeitsbedingungen bemängeln die Autoren des Positionspapiers, dass eben diese Perspektive aus der Praxis der Offshore-Service-Industrie oft zu kurz komme.

 

Herausfordernder Arbeitsalltag auf See

 

Ziel der IG Metall ist es, "den Finger in die Wunde zu legen", um konstruktiv und im Dialog mit Unternehmen, Arbeitsschutzorganisationen und der Politik Verbesserungen zu erwirken, stellte Bezirksleiter Friedrich klar. Timo Röttges, Gewerkschafter in Diensten von Ørsted, verwies darauf, dass sein Unternehmen wegen der außergewöhnlichen körperlichen Belastung im Job vor allem auf vergleichsweise junge Mitarbeitende setze. "Die Nordsee ist nicht dafür bekannt, ein ruhiges Gewässer zu sein." Für Wartungsintervalle würden die Windräder zwar abgestellt, gleichwohl sei der Arbeitsplatz unter Hochseebedingungen ständig in Bewegung und auch sehr eng. Klassische Sitzmöglichkeiten gebe es eigentlich nicht. "Es sind Maschinen", so Röttges.

 

Mangel an sanitären Anlagen und Pausenräumen bei langem Schichtdienst

 

Auch sanitäre Anlagen oder Möglichkeiten für erholsame Pausen gebe es vielfach gar nicht, monierte IG-Metall-Bezirksleiter Friedrich. Dabei sei es derzeit branchenüblich, dass vergleichsweise kleine Teams ab zwei Personen im Schichtdienst zwei Wochen am Stück für zwölf Stunden am Tag im Windpark arbeiten. Weil allerdings das Bundesarbeitsministerium von Hubertus Heil (SPD) der Gewerkschaft bestätigt habe, dass ein Windpark eine Arbeitsstätte im Sinne der Arbeitsstättenverordnung sei, bestehe auch rechtlich dringender Regelungsbedarf seitens der Politik, während auf Betreiberseite "pragmatische Lösungen" für Toiletten und Pausenräume gefunden werden müssten, so die IG Metall. Was solche Umrüstungsmaßnahmen für Betreiber und perspektivisch auch Projektentwickler kosten, sei noch nicht im Detail zu beziffern, so Friedrich, allerdings: "Zum Nulltarif geht das nicht".

 

Mindeststandards zu Teamstrukturen und Kommunikation gefordert

 

Aktuell fehlt es der Offshore-Windindustrie an verbindlichen Standards zu Arbeitsschutz, Arbeitssicherheit und Rettungskonzepten für den Notfall. Eine zentrale Forderung der Gewerkschaft hierzu: verbindliche Personalbemessung für Service und Wartungsarbeiten, konkret drei oder mehr Mitarbeitende. Nur so sei sichergestellt, dass im Notfall sowohl Rettungskräfte angefordert als auch Erste Hilfe geleistet werden kann. Zudem fordert die Gewerkschaft, dass W-Lan oder zumindest Mobilfunk für Hochsee-Windparks ebenso verbindlich werden, um telemedizinische Betreuung vom Festland aus zu ermöglichen.

 

Zentrale Leitstelle für Notfälle

 

Ferner soll es eine zentrale Rettungsleitstelle für die Nord- und Ostsee geben, die von Servicedienstleistern und Windparkbetreibern gemeinschaftlich finanziert wird, ebenso wie fest stationierte Hubschrauber. Für den Fall, dass Rettungsflüge nicht möglich sind, wollen die Arbeitnehmervertreter an jedem Windpark "mindestens ein Höhenrettungsteam" in Bereitschaft wissen. Klare Regelungen vermissen die Gewerkschafter auch im Zusammenhang damit, unter welchen Wetterbedingungen Helikopter-Rettungseinsätze geflogen werden. Bisher handhaben die Parkbetreiber dies unterschiedlich, so die Gewerkschaft. Gerade in der deutschen Nordsee, wo die Windparks in erheblicher Entfernung von der Küste betrieben werden, sei die Branche im Notfall auf Flüge angewiesen und einheitliche Regeln dazu auch deshalb wichtig, hieß es.

 

Bislang 1.500 Servicekräfte auf See im Einsatz

 

Aktuell sind laut IG Metall lediglich 1.500 der rund 30.000 deutschlandweit in der Offshore-Industrie Beschäftigten Service- und Wartungstechniker. Mit Blick auf die Ausbauziele allerdings werde sich der Arbeitskräftebedarf in kurzer Zeit absehbar verdreifachen, konstatierte wiederum Daniel Friedrich. Maßnahmen, wie sie die Gewerkschaft jetzt fordert, sollen diesen Beruf nicht nur sicherer, sondern auch attraktiver machen und dazu beitragen, dass die Beschäftigten diesen auch langfristig ausüben könnten. /pa

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