Neue EU-Plattform für Gas- und Wasserstoffbeschaffung
Brüssel (energate) - Für den Aufbau einer neuen Plattform zur europaweiten Bündelung der Erdgas- und Wasserstoffbeschaffung gibt es acht Bewerber. Die Generaldirektion Energie (DG Ener) hatte zuvor europaweit ausgeschrieben, neben den Energieträgern sollen über das Tool auch strategische Rohstoffe beschafft werden. Zu diesen Rohstoffen gehören unter anderem Lithium, Mangan, Grafit oder Nickel jeweils in der für Batterien notwendigen Qualität. Der Basis-Auftragswert beträgt neun Mio. Euro. Am 12. August endete die Frist zur Angebotsabgabe.
Unter den Bietern sind Software-Anbieter und die beiden globalen Beratungsunternehmen PWC und Deloitte. Aus Deutschland hat sich der Betreiber der Großhandelsplattform für Energie-Commodities, Enmacc, beteiligt. Dafür hat sich das Münchner Unternehmen mit dem Spezialisten für Beschaffungssoftware im Metallhandel, Metals Hub, zusammengetan. Jens Hartmann, der CEO von Enmacc, sagte zu energate, man wolle gerne dabei helfen, Märkte effizienter und transparenter zu gestalten. Er schlägt vor, die etablierten Plattformen der beiden Unternehmen zu nutzen und gegebenenfalls um zusätzliche Funktionalitäten zu ergänzen.
Kritik von den privaten Anbietern
Gleichzeitig übte der Enmacc-Chef auch deutliche Kritik an der Ausschreibung. Er stellt die Frage, warum die EU-Kommission mit der Plattform eine eigene Infrastruktur aufbaue und betreibe und damit mit erfolgreichen, privaten Anbietern in Konkurrenz trete. Die Ausschreibung sieht vor, dass der Auftragnehmer die Plattform mit ihren verschiedenen Funktionen aufbaut und dann fünf Jahre betreibt. Die Kommission kann anschließend die Plattform übernehmen. Eine mögliche Übertragung der gesamten Plattform oder einzelner Mechanismen ist Teil der Ausschreibung und soll gegebenenfalls in einem Zeitraum von zwei Monaten erfolgen. Die EU-Kommission betonte auf energate-Anfrage, sie habe nicht die Absicht, die Plattform selbst zu betreiben. Dies sei Aufgabe des Gewinners der Ausschreibung.
Bisher wird die Plattform Aggregate EU für die europäische Bündelung der Gasnachfrage genutzt. Die Plattform war 2023 eingeführt worden. In einer beschränkten Ausschreibung hatte das Leipziger Unternehmen Prisma den Zuschlag zum Betrieb der Plattform erhalten. Enmacc hatte damals erfolglos vor dem Gericht der Europäischen Union (EuG) gegen die Vergabe geklagt. In dieser Runde hat sich Prisma indes nicht an der neuen Ausschreibung beteiligt. Zu den Gründen dafür wollte der Leipziger Betreiber sich auf energate-Nachfrage nicht äußern.
EU-Kommission sieht Erfolgsmodell
Für die EU-Kommission ist Aggregate EU ein Erfolg. Sie verweist auf die hohen Mengen auf der Plattform. 2023 fragten insgesamt 180 Unternehmen in vier Ausschreibungsrunden 54 Mrd. Kubikmeter über die Plattform nach. Marktteilnehmer bewerten die Plattform indes deutlich kritischer. Angesichts gut funktionierender Großhandelsmärkte sei sie überflüssig, argumentiert der europäische Händlerverband ETE (früher Efet). Zudem seien kaum Informationen über echte Abschlüsse veröffentlicht. Die Vertragsverhandlungen und -abschlüsse finden außerhalb der Plattform statt. Die EU-Kommission muss nicht informiert werden. Nach Einschätzung verschiedener Händler ist die Anzahl der Abschlüsse vernachlässigbar. Der Europäische Rechnungshof konstatierte in einem Gutachten aus dem Juni dieses Jahres, Aggregate EU sei auf ein echtes Interesse gestoßen, aber einen Mehrwert gegenüber etablierten Gashandelsplattformen könne der Hof nicht feststellen.
Dennoch wurde der weitere Betrieb einer solchen Plattform in der neuen europäischen Regulierung des Gas- und Wasserstoffmarkts für Erdgas verpflichtend und für Wasserstoff als Option bis Ende 2029 festgelegt. Dies ist die Grundlage der aktuellen EU-Ausschreibung. Ob die EU-Kommission dabei Empfehlungen der Beratungsgesellschaft Frontier Economics berücksichtigt hat, die Aggregate EU im Auftrag der EU-Kommission evaluiert hat, lässt sich nicht feststellen. Das im Januar beauftragte Gutachten sei bisher nicht fertig, sagte ein Sprecher der Kommission. /hl