Neuauflage des Gaspreisdeckels doch nicht ausgeschlossen
Brüssel (energate) - Die EU-Kommission erwägt angesichts des rasanten Gaspreisanstiegs doch eine Wiedereinführung des Gaspreisdeckels (Marktkorrekturmechanismus, MCM). Das würde sie am 26. Februar tun, wenn sie ihren Aktionsplan für erschwingliche Energiepreise vorlegt. Der MCM war am 31. Januar ausgelaufen.
Die energiepolitische Sprecherin der EU-Kommission, Anna-Kaisa Itkonen, bestätigte, dass die EU-Kommission eine Neuauflage des Gaspreisdeckels erwägt, was sie vorher eigentlich noch ausgeschlossen hatte. Der Mechanismus habe zwar während der Energiepreiskrise nicht ausgelöst werden müssen. Er sei aber trotzdem ein sehr wirksames Mittel gewesen, um die Verbraucher vor außergewöhnlichen Gaspreiserhöhungen zu schützen, so ihre Begründung. Letztlich darüber entscheiden würde das Kollegium der EU-Kommission, stellte sie klar.
Energietrader und Finanzdienstleister warnen
Eine Allianz von elf Verbänden hat sich derweil gegen die Wiedereinführung des Gaspreisdeckels ausgesprochen, darunter vor allem Energiehandelsverbände. In einem gemeinsamen Schreiben an die EU-Kommission warnen sie davor, dass damit die Gasversorgungssicherheit der EU, gar die Finanzstabilität gefährdet werde.
In der Energiekrise seien die mit dem MCM verbundenen Risiken zwar glücklicherweise nicht eingetreten, weil die Gaspreise deutlich unter die Aktivierungsbedingungen dieses Mechanismus gefallen seien, heißt es in dem Schreiben. Das aber könnte sich das nächste Mal nicht wiederholen. So hält die Internationale Energieagentur (IEA) eine Anspannung auf den weltweiten Erdgasmärkten im Jahr 2025 für wahrscheinlich.
"MCM gefährdet Gasversorgungssicherheit der EU"
Die Wiedereinführung des MCM würde das Vertrauen von Gasexporteuren in die virtuelle Gashandelsbörse TTF zerstören, lautet eine Begründung in dem Schreiben. Es bestehe die Gefahr, dass sich die globale Gasgemeinschaft künftig an anderen, uneingeschränkten Referenzpreisen orientiert, die sich hauptsächlich außerhalb der EU bildeten. Sollte der Gaspreis künstlich unter den Marktwert gedrückt werden, böte Europa keinen wettbewerbsfähigen Preis mehr, um LNG-Lieferungen anzuziehen - mit Gefahren für die Versorgungssicherheit. Zwar seien jüngst LNG-Ladungen bei sich leerenden Gasspeichern nach Europa umgeleitet worden, aber dieser Trend könnte sich bei einem gedeckelten Preis umkehren.
"Preisobergrenze würde Risikomanagement beeinträchtigen"
Überdies beeinträchtige eine Preisobergrenze das Risikomanagement auf den europäischen Energiemärkten, heißt es weiter. Sie würde den Wert von Energiederivaten künstlich begrenzen und diese vom Preis des zugrunde liegenden physischen Marktes abkoppeln. Damit könnten die Marktteilnehmer die zugrunde liegenden Preisrisiken nicht mehr wirksam steuern.
Eine Preisobergrenze könne demnach auch zu höheren zu hinterlegenden Sicherheiten führen und die Fähigkeit der zentralen Gegenparteien, finanzielle Risiken zu steuern, übermäßig belasten. Dies könne Anreize für Marktteilnehmer schaffen, von regulierten Handelsplätzen zu nicht zentral geclearten OTC-Märkten abzuwandern.
Unterschrieben haben das Schreiben die Direktoren der Handelsverbände Europex, Energy Traders Europe, die Finanzdienstleistungsverbände ISDA, FIA, IOGP, AFME, FIA APTA, CMC Europe, EACH, FESE sowie der europäische Verband der Gasindustrie, Eurogas, und der internationale Verband der Gas- und Ölproduzenten IOGP. /rl