Nationaler Emissionshandel erzielt 13 Mrd. Euro
Berlin (energate) - Der nationale Emissionshandel (nEHS) für Wärme und Verkehr verbucht für das Jahr 2024 Rekordeinnahmen von rund 13 Mrd. Euro. Dank der Preiserhöhung von 30 auf 45 Euro für den Ausstoß einer Tonne CO2 wurde der bisherige Spitzenwert aus 2023 mit rund 10,7 Mrd. Euro nochmals übertroffen (+21 %). Erneut überholte der in Deutschland erst 2021 gestartete "nEHS" den europäischen Emissionshandel (EU-ETS 1). Dieser spülte im Jahr 2024 nur noch 5,5 Mrd. Euro in den klammen Klima- und Transformationsfonds (KTF). Der Rückgang liegt bei 2,2 Mrd. Euro beziehungsweise 28 Prozent.
Als Gründe führt das zuständige Umweltbundesamt (UBA) die nachlassende Nachfrage der Marktteilnehmer vor dem Hintergrund "der überwundenen Gasmangellage" an. Hinzu kommt die insgesamt durchwachsene wirtschaftliche Entwicklung in der EU. Dadurch sank der durchschnittliche Zertifikatepreis deutlich auf 65 Euro, 2023 waren es im Schnitt noch 83,66 Euro. In Summe steigen die Einnahmen für den KTF deshalb nur leicht von 18,4 auf 18,5 Mrd. Euro. Über ihn werden Gelder für wichtige Förderprogramme ausgezahlt, darunter die Bundesförderung für effiziente Wärmenetze (BEW).
Umweltbundesamt erneuert Klimageldforderung
Der Präsident des Umweltbundesamtes, Dirk Messner, insistierte angesichts der Rekordsumme im nEHS erneut, einen Teil der Einnahmen an die Bürger zurückzugeben: "Um einen Ausgleich für die privaten Haushalte auch bei weiter steigenden CO2-Preisen sicherzustellen, brauchen wir jetzt rasch ein Klimageld in Kombination mit spezifischen Förderprogrammen für besonders betroffene Bevölkerungsgruppen", sagte er. Zum 1. Januar 2025 ist der Preis um weitere zehn Euro auf 55 Euro angestiegen. An der Tankstelle macht dies ein Plus von 3,1 Cent pro Liter aus oder 50 Euro bei 15.000 Kilometer Fahrleistung pro Jahr. Für Gas- und Ölheizungen bewegen sich die Preissteigerungen je nach Verbrauch bisher auch eher im zwei- statt dreistelligen Eurobereich.
Das könnte sich aber in zwei Jahren ändern: 2026 ist bisher ein Einstieg in einen abgespeckten Handel im Preiskorridor von 55 bis 65 Euro anvisiert, bevor 2027 europaweit ein echter marktbasierter Handel für Gebäude und Verkehr (EU-ETS 2) starten wird. Eine Rückerstattung über das Klimageld fordern SPD und Grüne in ihren Wahlprogrammen. Dies hatten beide Parteien aber schon für die laufende Legislatur versprochen. Die FDP äußert sich im aktuellen Wahlprogramm nicht eindeutig. Der ehemalige FDP-Finanzminister Christian Lindner hatte immer wieder auf die komplizierte Auszahlung verwiesen. Ein Auszahlungsmechanismus liegt nun vor. Die Union will auch einen Ausgleich bei den Energiekosten, aber wohl eher in Form einer Senkung der Netzentgelte, und die Abschaffung des Gebäudeenergiegesetzes.
Ampelparteien bei Klimageld einig
"Wir Liberale stehen weiterhin zum Klimageld", sagte Olaf in der Beek, klimapolitischer Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, auf Anfrage von energate. Die Gelder aus den Einnahmen des Emissionshandels könnten mit dem Auszahlungsmechanismus nun auch direkt an die Bürgerinnen und Bürger zurückgegeben werden, statt in den KTF zu fließen. Auch laut der Grünen-Bundestagsabgeordneten Lisa Badum, Obfrau im Ausschuss für Klimaschutz und Energie, sollten die steigenden Einnahmen schnell zurückfließen. "In der kommenden Legislatur braucht es endlich ein richtiges Klimageld", sagte sie gegenüber energate. "Einen Teil der Einnahmen sollten wir aber auch dafür nutzen, Menschen mit niedrigen Einkommen bei Klimaschutz-Investitionen zu unterstützen", forderte sie.
Nina Scheer, energiepolitische Sprecherin der SPD, betonte ebenfalls, dass es jetzt darum gehe angesichts steigender CO2-Preise Überforderungen abzuwenden. "Es wäre allerdings ein Trugschluss, das Klimageld als Förderinstrument für Klimaschutz misszuverstehen", sagte sie zu energate. Schrittgeber sei vielmehr der Ausbau der Erneuerbaren und das ihm zugrunde liegende Einspeisevergütungsmodell. "Wer angesichts des erfolgreichen Ausbaus erneuerbarer Energien der letzten Jahre bestehende Finanzierungsmodelle durch CO2-Bepreisung ersetzen möchte, riskiert Einschnitte in heimischer Wertschöpfung und Chancen auf weiter sinkende Energiepreise", führte sie aus. Insbesondere die Union möchte die CO2-Bepreisung zum "Leitinstrument" machen.
EEX verkauft deutlich weniger nEHS-Zertifikate
Die zuständige Börse EEX konnte im nationalen Emissionshandel deutlich weniger Zertifikate verkaufen als im Vorjahr. 278 Mio. sogenannte nEZ gingen an die Inverkehrbringer von Brenn- und Kraftstoffen, darunter Gas- und Heizöllieferanten und Tankstellenbetreiber beziehungsweise ihre zwischengeschalteten Händler ("Intermediäre"). 2023 war durch einen Sondereffekt geprägt, der den Absatz auf 358 Mio. Zertifikate angehoben hatte, erläuterte das UBA. Die Politik hatte wegen der Energiepreiskrise und der damit hohen Belastungen die zuvor geplante Preiserhöhung ausfallen lassen. Das heißt, der Festpreis in den Jahren 2022 und 2023 blieb mit 30 Euro gleich. Viele Unternehmen ließen sich mit dem Kauf mehr Zeit und verschoben Käufe auf das Jahr 2023. Dadurch ist ein echter Vergleich zwischen 2023 und 2024 nicht möglich. Dass 2024 auch ein neuer Kreis von Käufern hinzukam, die Betreiber von Müllverbrennungsanlagen, konnte diesen Sondereffekt nicht ausgleichen.
"Insofern bestehen weiterhin große Herausforderungen für Emissionsminderungen im Gebäude- und Verkehrsbereich: In beiden Sektoren muss der Ausstoß von Treibhausgasen noch deutlich rascher sinken", appellierte der zuständige Referatsleiter Daniel Klingenfeld aus dem Umweltbundesamt. Ein dauerhafter Nachfolger für den Leiter der Deutschen Emissionshandelsstelle, Jürgen Landgrebe, der in den Ruhestand ging, sei noch nicht gefunden, erläuterte eine UBA-Sprecherin auf Nachfrage. Klingenfeld sieht insbesondere bei der Förderung der Elektromobilität und den "steuerlichen Fehlanreizen" für Verbrenner-PKW Handlungsbedarf. Diese Maßnahmen müssten aber in einen starken Emissionshandel eingebettet sein. "Hier setzen wir große Erwartungen in den 2027 startenden europäischen Emissionshandel für Brennstoffe, in den der nationale Emissionshandel übergeleitet wird", blickte Klingenfeld voraus. /mt/ck