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MVV Energie verteidigt Gasausstieg

Frankfurt (energate) - Trotz eines Brandbriefs von Bürgermeistern und Warnrufen von Verbraucherschützern hält die MVV Energie an ihrem Gasausstieg fest. Das Jahr 2035 sei zwar nicht "in Stein gemeißelt", sagte der Vorstandsvorsitzende Georg Müller bei der diesjährigen Bilanzpressekonferenz in Frankfurt. Aber das Datum sei auch nicht "beliebig verschiebbar", 2035 werde weiterhin "angestrebt".

 

MVV Energie zieht derzeit als erster großer Regionalversorger mit dem frühen Ausstiegsdatum 2035, zehn Jahre vor dem bundesweiten Ziel, einigen Unmut auf sich. Fünf Bürgermeister aus der Region Bergstraße haben dem Unternehmen kürzlich in einem offenen Brief "unverantwortliches Handeln" vorgeworfen. Der Ausstieg sei nicht ausreichend kommuniziert worden und es gebe keine konkreten Alternativvorschläge, wie es nach dem Ende der Gaskonzession weitergehen könne.

 

Der in drei Monaten scheidende Vorstandschef Müller wehrte sich bei seiner letzten Bilanzpressekonferenz gegen diesen Vorwurf. "Wir haben keinen Fehler gemacht", sagte er. Erstmals kommuniziert wurde das Ende des fossilen Zeitalters bereits im Jahr 2021, sogar zweimal. Auch wenn dies vielleicht erst jetzt mit der Konkretisierung im Jahr 2024 allen bewusst werde, bleibe mit elf Jahren Vorlauf noch genug Zeit für einen geordneten Ausstieg. Damit sei auch der aktuellen Forderung des Verbraucherzentrale Bundesverbands nach einer frühzeitigen Kommunikation "mindestens zehn Jahre vor Stilllegung" Genüge getan.

 

Natürlich sei verständlich, räumte der MVV-Chef ein, dass diejenigen, die sich in den letzten ein, zwei Jahren eine Gasheizung gekauft hätten, mit der Unternehmensentscheidung nicht glücklich seien. Aber die EU-Gasbinnenmarkt-Richtlinie, die Deutschland nächstes Jahr umsetzen muss, führt Stilllegungspläne für Gasnetze ein. Dass die Bundesnetzagentur mit ihrer Festlegung Kanu 2.0 eine frühzeitige Abschreibung der Gasnetze schon vorher ermögliche, sei bemerkenswert und unterfüttere die eigene Entscheidung, so Müller.

 

Mannheim hat Standortvorteil mit großem Fernwärmenetz

 

Auch wenn nach der Bundestagswahl die CDU am Gebäudeenergiegesetz rütteln sollte, ändere sich vielleicht eine Jahreszahl, aber nicht das Klimaschutzziel an sich, argumentierte Müller auf energate-Nachfrage. Der Vorstand ließ bei der Pressekonferenz durchblicken, dass er sogar eine schnellere "Eigendynamik" nicht für ausgeschlossen halte. Wegen hoher Kosten aus CO2- und Gaspreis plus steigender Netzentgelte könnten sich Gasverbraucher - darunter auch große Gewerbekunden - schon vorher anderen Lösungen zuwenden. Für finanziell überforderte Haushalte müsse die Bundesregierung künftig Härtefallregelungen treffen.

 

Schon heute hängen 60 Prozent von Mannheim am Fernwärmenetz. Durch den Anschluss weiterer 10.000 Gebäude soll die Quote auf 75 Prozent steigen. Ein "Standortvorteil", weil MVV mit seiner grünen Wärmeerzeugungskapazität von 812 MW schon heute 60 Prozent der Wärmehöchstlast grün decken kann. Das Müllheizkraftwerk, das für 15 Mio. Euro umgebaute Biomasseheizkraftwerk, die zweite Flusswärmepumpe und Geothermie sollen 100 Prozent grüne Wärme ermöglichen. In den Straßenzügen, in denen Fernwärme nicht infrage kommt, sieht der Mannheimer Wärmeplan vor allem Großwärmepumpen vor.

 

"Finanzierungslösungen auch für Sechzig- oder gar Siebzigjährige sind machbar", sagte MVV-Vertriebsvorstand Ralf Klöpfer. Dass in den letzten Jahren noch so viele Gasheizungen eingebaut wurden, ist in den Augen des Unternehmens auch ein Kommunikationsproblem. In der neu eröffneten Wärmewende-Akademie in den Räumen der MVV-Tochter Beegy werden deshalb Installateure unter anderem auf Wärmepumpen geschult. Denn wie in vielen anderen Kommunen in Baden-Württemberg spielt Wasserstoff keine Rolle im Mannheimer Wärmeplan.

 

Bei Gewerbekunden, die höhere Temperaturniveaus benötigen, raten die Teams der zuständigen MVV-Töchter BFE Institut für Energie und Umwelt und Enamic abseits der Fernwärme zur Elektrifizierung, etwa durch in Kaskaden geschaltete Wärmepumpen. Auch ungewöhnliche Transformationspläne, die auf die Verbrennung von Reststoffen wie Kakaoschalen statt auf Erdgas setzen, ließen sich wirtschaftlich umsetzen. Mannheim bekommt erst gegen Ende der 20er Jahre Anschluss an das deutsche Wasserstoff-Kernnetz. Bis dahin wollten einige Kunden nicht warten, erläuterte Klöpfer am Rande der Pressekonferenz.

 

Gutes Ergebnis ermöglicht Transformation

 

An das Ausnahmejahr 2023 mit einem Adjusted Ebit von 880 Mio. Euro konnte die MVV in ihrem Geschäftsjahr 2024 nicht anknüpfen. Aber mit 426 Mio. Euro liegt das Betriebsergebnis deutlich über der Bandbreite von 233 Mio. und 353 Mio. Euro in den Vorjahren 2020 bis 2022. Die Dividende steigt um 10 Cent, obwohl der Versorger wie alle anderen auch Kapital für den Umbau der Wärme- und Stromnetze und die Stilllegung der Gasnetze braucht. MVV-Chef Müller betonte aber die gute Eigenkapitalquote von 43 Prozent. Die Investitionen stiegen im Vorjahr um 70 auf 417 Mio. Euro, 50 Mio. Euro davon gingen in die Wärme. Der Umsatz wird auf knapp 7,2 Mrd. Euro beziffert. MVV Energie beschäftigt insgesamt 6.649 Mitarbeitende. Im laufenden Jahr soll das Adjusted Ebit zwischen 350 und 400 Mio. Euro liegen. /mt

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