"LNG ist deutlich klimaschonender als Kohle"
Berlin (energate) - Die US-LNG-Industrie übt deutliche Kritik am bestehenden Moratorium für neue Flüssiggas-Exporte. Das Moratorium, das die Regierung von Präsident Joe Biden Ende Januar erließ, sei eine "zu 100 Prozent politische Entscheidung", sagte Fred Hutchison, CEO des Industrieverbandes US-LNG Association, im Interview mit energate. Biden adressiere damit Wählerinnen und Wähler in den USA, die einen ambitionierten Klimaschutz befürworten. Aus klimapolitischer Sicht sei das Verbot zusätzlicher LNG-Exporte aber nicht stichhaltig, beklagte der Gaslobbyist.
LNG deutlich CO2-ärmer als Kohle
Seine Organisation, der vor allem Erdgasproduzenten und -exporteure angehören, habe eine eigene Studie zur Klimabilanz von US-LNG in Auftrag gegeben. Dabei wurden insgesamt 900 Lieferungen in mehrere europäische Länder untersucht. Das Ergebnis: Wenn man die gesamte Prozesskette von der Förderung über den Transport bis zur Verbrennung in Kraftwerken betrachte, sei Erdgas die deutlich CO2-ärmere Option als Kohle.
"Der CO2-Footprint liegt in den meisten Fällen um 50 Prozent oder mehr unter der kohlebasierten Stromerzeugung", führte Hutchison aus. Die negativen Folgen durch das Fracking-Verfahren bei der Gasproduktion sieht er weitgehend überwunden. "Deutlich verbesserte Bohrtechniken wie Stahl- und Betonverkleidungen haben die Umweltrisiken im Zusammenhang mit den Bohrungen wirksam minimiert", betonte er.
Auch die Kritik einzelner Industrieverbände in den USA, die stetig wachsenden LNG-Exporte würden im Heimatmarkt die Gaspreise nach oben treiben, wehrte er ab. "Es gibt Analysen, die zeigen, dass es zwischen dem LNG-Export und der Entwicklung der US-Gaspreise keine Korrelation gibt", betonte er. Die Preise seien historisch tief, obwohl die USA hinter Katar inzwischen der zweitgrößte LNG-Exporteur sind.
In einem Brief an US-Präsident Biden hatte Hutchison seine Kritik am Moratorium formuliert. Darin machte er auch auf die wirtschaftlichen Folgen und die Gefahr, dass Empfängerländer wieder auf russische Gaslieferungen angewiesen sein könnten, aufmerksam. Dennoch geht er davon aus, dass das LNG-Moratorium mindestens bis zu den US-Wahlen im November anhalten wird.
Viel Skepsis beim Wasserstoff
An einen zeitnahen Ersatz von Erdgas durch Wasserstoff glaubt der US-Gaslobbyist nicht. Die meisten Akteure in den USA teilten den Optimismus, den gerade Deutschland mit Blick auf Wasserstoff habe, nicht. Im Gegenteil: "Aus unserer Sicht bestehen Zweifel an der Praktikabilität der Wasserstoff-Vision", erklärte Hutchison. Die bestehenden US-Terminals würden auf absehbare Zeit nicht in der Lage sein, Wasserstoff oder entsprechende Derivate zu exportieren. "Ich fürchte, dass die Hoffnung auf Wasserstoff schon sehr bald sehr viel Frustration weichen wird", machte er seine Position klar. /cs
Das ganze Interview mit Fred Hutchison, CEO der US-LNG Association, lesen Sie im Add-on Gas & Wärme.