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Liedtke beklagt ideologische Wasserstoffdebatte

Essen (energate) - Im Zuge der kommunalen Wärmeplanungen drängen die Stadtwerke auf eine realistische Einsatzperspektive von Wasserstoff in der Wärmeversorgung. Bei seinem Besuch der energate-Redaktion in Essen warnte Carsten Liedtke, Vorstandssprecher der Stadtwerke Krefeld (SWK) und Vizepräsident des Stadtwerkeverbands VKU, davor, den klimaneutralen Energieträger "aus eher ideologischen Beweggründen" aus dem Wärmemarkt auszuschließen. Der aktuelle politische Rahmen setze so hohe Hürden, "dass Wasserstoff im Wärmesektor de facto keine Chance hat", beklagte der Stadtwerkechef. 

 

GEG-Paragraf "schlicht nicht erfüllbar"

 

Konkret verwies Liedtke auf den Paragraf 71k im Gebäudeenergiegesetz (GEG). Dieser legt etwa fest, dass Energieversorger bei der Umstellung eines Gasnetzes auf Wasserstoff einen Wirtschaftlichkeitsnachweis erbringen müssen. Diese Vorgabe sei "schlicht nicht erfüllbar - schon allein, weil niemand heute sagen kann, was der Wasserstoff künftig kosten wird". Er erinnerte daran, dass ein solcher Wirtschaftlichkeitsnachweis beispielsweise für Wärmepumpen nicht vorgesehen sei. "Ist das technologieoffen? Nein. Ist das überreguliert? Ich behaupte ja."

 

Die Bundesregierung weist dem Wasserstoff im Wärmemarkt in der Tat eine untergeordnete Rolle zu. In der Fortschreibung der Wasserstoffstrategie heißt es dazu, im Wärmebereich werde "bis 2030 keine breite Anwendung gesehen". Allerdings solle die Umnutzung von Gasverteilnetzen auf Wasserstoff "rechtlich und technisch ermöglicht werden". Für die Versorger wie die Stadtwerke Krefeld ist dieses Spiel auf Zeit problematisch. Schließlich sind sie im Zuge der kommunalen Wärmeplanung dazu verpflichtet, innerhalb der nächsten Jahre ihre Wärmequellen konkret zu benennen. Auch Liedtke verwies im Gespräch mit energate auf die "extrem langen Planungs- und Investitionshorizonte" der Energiewirtschaft. "Daher sind wir auf stabile Rahmenbedingungen angewiesen", mahnte er. 

 

Bestehende Infrastruktur als Vorteil

 

Wie zahlreiche andere Vertreter aus der Kommunalwirtschaft sieht Liedtke einen Vorteil von Wasserstoff darin, dass die Versorger auf das bestehende Gasnetz zurückgreifen können. So ließen sich städtische Areale ohne weitere Baumaßnahmen auf einen klimaneutralen Brennstoff umstellen. "Das ist von großer Bedeutung, denn bei der Dekarbonisierung geht es ja auch um den Faktor Zeit", argumentierte er. Zugleich räumte er ein, dass Wasserstoff als Energieträger sehr teuer sein werde. Dem stehe aber entgegen, dass der Versorger das Netz sowie der Kunde die Heizung "mit minimalen Anpassungen" weiterbetreiben könne. 

 

Liedtke sieht auch für das eigene Versorgungsgebiet Wasserstoff als Option. "Zumal wir eine Lösung brauchen für die städtischen Areale, in denen sich weder die Fernwärme noch die Wärmepumpe wirtschaftlich eignet", sagte er. Die Voraussetzung eines Anschlusses an das geplante Wasserstoffkernnetz sieht der Stadtwerkechef für Krefeld erfüllt. Tatsächlich hat die Stadt am Niederrhein sogar zwei Anschlussoptionen in Aussicht. "Wir reden von einer Größenordnung von 15 bis 20 Prozent der Wohngebäude in unserem Versorgungsgebiet, die man technisch sinnvoll an ein Wasserstoffversorgungsnetz anschließen könnte", ordnete er das Potenzial ein. 

 

Klärungsbedarf bei Gasnetzstilllegung

 

Mit Blick auf die fortschreitende Wärmewende mahnte Liedtke weiteren Klärungsbedarf zur Stilllegung von Gasnetzen an. Die Versorgungswirtschaft werde die Gasnetze im gleichen Maße zurückfahren müssen, wie sie die Fernwärme ausbaue. "Sonst enden wir in einem Parallelbetrieb, der wirtschaftlich unmöglich rentabel sein kann", warnte der SWK-Vorstandsprecher. Das Problem: Da Netzbetreiber rechtlich einer Netzanschluss- und Versorgungspflicht unterliegen, können sie ein Gasnetz nicht stilllegen, solange noch Kunden auf eine Belieferung angewiesen seien. "Hier brauchen wir eine politische Antwort, denn das können die Versorger vor Ort nicht allein lösen", mahnte Liedtke. 

 

Sein Vorschlag: Der Gesetzgeber müsste eine Größen- beziehungsweise Mengenangabe festlegen, ab der eine Stilllegung erlaubt ist. "Das könnte beispielsweise eine gewisse kWh-Leistungsgröße oder einer Anzahl von Kunden pro Leitungsstrang sein", führte Liedtke aus. /rb

 

Das gesamte Interview mit SWK-Vorstandssprecher Carsten Liedtke lesen Sie im heutigen Add-on Gas & Wärme.

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