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Langsamer Markthochlauf dynamischer Tarife

Aachen (energate) - Es gibt mittlerweile mindestens 18 "echte" dynamische Tarife für Haushaltskunden auf dem deutschen Markt. Zudem bieten einige Stromanbieter monatlich variierende Stromtarife an. Das hat eine energate-Auswertung von rund 50 Webseiten deutscher Stromanbieter ergeben. Sogenannte dynamische Tarife, die stündlich in Abhängigkeit von den Börsenpreisen variieren, werden für Stromanbieter mit mehr als 100.000 Endkunden ab dem kommenden Jahr verpflichtend. Was genau unter dem Begriff zu verstehen ist, geht zwar aus dem Gesetz nicht hervor, aber: "Für dynamische Tarife nach § 41a EnWG ist nach unserer Interpretation eine monatliche Anpassung nicht ausreichend", sagte Dirk Ebinger, Leiter des Projektes "Werkzeugkasten intelligente Tarife" bei der Thüga Solutions, im Gespräch mit energate.

 

Zu den Anbietern dynamischer Stromtarife gehören insbesondere Newcomer wie Ostrom, Rabot Charge, Tibber, 1Komma5 und Awattar, aber auch alteingesessene Energieunternehmen. Dazu zählen vor allem größere Versorger wie EnBW, EWE und Vattenfall. Zwar erklärte ein VKU-Sprecher auf Anfrage, auch viele Stadtwerke beschäftigten sich mittlerweile mit dynamischen Tarifen. Allerdings wurde energate hier nur selten fündig. Beispielsweise bieten die Stadtwerke aus Bochum und Unna dynamische Tarife an, letztere in Kombination mit einem Energiemanagementsystem.

 

Da dynamische Tarife häufig das Kerngeschäftsmodell der Newcomer bilden, werden sie von diesen deutlich offensiver beworben. Bei alteingesessenen Versorgern finden sich dynamische Tarife hingegen eher versteckt auf der Internetseite. Zudem weisen sie häufig deutlicher auf die Risiken hin. Bei der MVV Energie ist sogar ein persönlicher Beratungstermin für den Abschluss eines dynamischen Tarifs erforderlich. Bei der Gasag müssen die Kunden aktiv ein Angebot einholen.

 

Preiskorridore selten

 

In der Regel ermitteln die Anbieter die dynamischen Preise auf Stundenbasis und geben sie am Vortag bekannt. Lediglich die Stadtwerke Bielefeld bieten viertelstundenscharfe Preise an. Eine weitere Besonderheit bietet zudem der dynamische Tarif der Darmstädter Entega: Hier startet die dynamische Preisabrechnung erst mit dem zweiten Vertragsmonat.

 

Lediglich bei zwei Anbietern fand energate Preiskorridore: Bei den Wuppertaler Stadtwerken und bei den Stadtwerken Haßfurt. Bei Letzteren liegt die Preisobergrenze bei etwa 36 Cent/kWh, die Preisuntergrenze bei 26,50 Cent/kWh. Die Preisabsicherungen erhöhten die Komplexität und damit den Erläuterungsaufwand oft zusätzlich, führte der VKU-Sprecher aus. Er gehe davon aus, dass daher zunächst mehrheitlich rein dynamische Tarife angeboten würden.

 

Variable Preise auf Monatsbasis

 

Während für die echten dynamischen Tarife auf Stundenbasis ein intelligentes Messsystem erforderlich ist, ist dies bei den Anbietern variabler Tarife auf Monatsbasis nicht zwingend erforderlich. Ist kein intelligenter Zähler vorhanden, fordern Polarstern und Lichtblick eine monatliche Ablesung durch den Kunden. Tibber, Naturstrom und Stromee hingegen nicht. Tibber erläutert auf seiner Website, es nehme gemittelte Monatswerte als Grundlage. Octopus Energy bietet zum einen zeitvariable Tarife an, bei denen einige Stunden am Tag günstiger sind als andere. Zum anderen wirbt das Unternehmen mit einem speziellen Tarif für Elektrofahrzeuge. Hier übernimmt das Unternehmen das Lademanagement für den Kunden, sichert diesem aber dafür im Gegenzug einen maximalen Ladetarif für 20 Cent/kWh zu. Allerdings bleibt die weitere Preisgestaltung bei diesem Tarif undurchsichtig.

  

Umsetzung dynamischer Tarife komplex

 

In ihrem Projekt "Werkzeugkasten intelligente Tarife" entwickelt die Thüga eine Kombination aus dynamischen Tarifen und der dazugehörigen automatischen Steuerung und nennt dies "intelligenten Tarif". Die Daten für dynamische Tarife kommen von der Kurzfrist-Börse Epex Spot. "Die dafür notwendige Anbindung ist relativ einfach", erläuterte Ebinger. Auch heute schon erhielten Gewerbekunden mit RLM-Messung häufig Tarife mit Bindung an den Börsenpreis. Allerdings benötige jeder Versorger seine eigene Lizenz. Schwieriger werde es bei einem anderen Thema, so Ebinger: "Die ganz große Frage ist die der Abrechnung". Diese gelte es nun zu lösen. 

 

Auch der Stadtwerkeverband VKU arbeitet derzeit an Lösungen zu Smart Metern. Insbesondere durch den höheren Datenaufwand steige die Komplexität, erläuterte der Sprecher: "Nehmen wir als Beispiel stündlich wechselnde Preise, dann müssten pro Tag 24 Preise und die dazugehörigen Verbrauchswerte erfasst und abgerechnet werden, im Monat sind das 720 Datenpaare, im Jahr 8.760 Datenpaare. Und das für jeden Kunden." Zudem bedürfe es in der Regel einer Portal- oder App-basierten Lösung.

 

Momentan ist die Anzahl der verbauten intelligenten Messsysteme noch gering, ebenso das Lastverschiebepotenzial bei den meisten Haushaltskunden. Daher geht der VKU davon aus, dass sich auch die Nachfrage zunächst noch in Grenzen hält, allerdings mit der Zeit zunehmen wird. /sd

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