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Länder warnen vor Überforderung kleiner Netzbetreiber

Schwerin/Dresden (energate) - Die Länder sehen den laufenden NEST-Prozess zur Neugestaltung der Netzregulierung in Teilen kritisch. Kerstin Meißner, Leiterin der Landesregulierungsbehörde in Sachsen, und Christian Engelke, Leiter der Landesregulierungsbehörde von Mecklenburg-Vorpommern, warnten im Interview mit energate insbesondere vor einer Überforderung kleinerer Netzbetreiber. Meißner und Engelke stehen derzeit dem Länderausschuss der Bundesnetzagentur vor, der in dieser Woche zu seiner 100. Sitzung zusammenkommt. Grund für ihre Kritik ist nicht nur die geplante Verkürzung der Regulierungsperioden, sondern auch Neuerungen beim vereinfachten Verfahren.

 

Dem Ziel der Vereinfachung werden die aktuellen Vorschläge der Bundesnetzagentur nach Meinung der Landesregulierer nicht gerecht. "Einige Schritte gehen in die richtige Richtung, zum Beispiel die Pauschalierungen beim WACC, aber es gibt noch Luft nach oben", betonte Kerstin Meißner, Vizevorsitzende des Länderausschusses, im Gespräch mit energate. Das betrifft vor allem die angedachten Änderungen beim vereinfachten Verfahren, in dem sich aktuell drei Viertel der Netzbetreiber befinden. Da die Bundesnetzagentur hier künftig nicht mehr auf die reine Kundenzahl, sondern auf Netzkosten und Marktabdeckung abstellen will, steht vielen Netzbetreibern ein Wechsel ins deutlich aufwendigere Regelverfahren bevor. "Das erahnen viele Unternehmen noch gar nicht", warnte Meißner vor einer unangenehmen Überraschung.

 

Keine Strukturpolitik durch Regulierung

 

Dazu kommt, dass die Bundesnetzagentur die sogenannte Qualitätsregulierung zur Energiewendekompetenz künftig auf alle Netzbetreiber ausweiten will. Das hatte Vizepräsidentin Barbie Haller im Interview mit energate klargemacht. Umfangreiche Datenabfragen sind die Konsequenz und eventuell auch finanzielle Nachteile, wenn kleine Unternehmen Aufgaben auslagern und dadurch eigene Kompetenz abgeben. "Es besteht zumindest die Sorge, dass kleine Netzbetreiber immer stärker unter Druck geraten", äußerte Christian Engelke, der dem Länderausschuss derzeit vorsteht, seine Bedenken. Es sei jedoch nicht Aufgabe der Regulierungsbehörden, Strukturpolitik zu betreiben, warnte er.

 

Größter Kritikpunkt der Landesregulierer bleibt die geplante Verkürzung der Regulierungsperiode von fünf auf drei Jahre. Zwar ist ihnen die Bundesnetzagentur entgegengekommen und will das System erst ab 2033 für Gas und ab 2034 für Strom umstellen. Dennoch haben die beiden Landesvertreter weiterhin Bedenken. "Das würde bei Netzbetreibern und Regulierungsbehörden zu einer hohen Belastung führen", warnte Engelke. Die großen Netzgesellschaften könnten das womöglich leisten, die kleineren aber weniger. Meißner sieht zudem die Gefahr, dass die Effizienzziele innerhalb einer verkürzten, dreijährigen Regulierungsperiode nur schwer erreichbar sein könnten. "Laut Gesetz müssen die Effizienzvorgaben erreichbar und übertreffbar sein, daran habe ich bei so kurzen Abständen Zweifel", betonte sie.

 

Die Bundesnetzagentur argumentiert hingegen, dass sie mit den drei Jahren schneller auf Veränderungen reagieren kann - beispielsweise, wenn ein Netzbetreiber sehr viele Erneuerbarenanlagen anschließen muss. Zudem werde der "Basisjahr-Effekt" - dass Kosten strategisch ins Jahr der Prüfung verlagert werden - gemildert, weil der Abstand zwischen zwei Basisjahren nicht mehr so groß ist. Die Regulierungschefin aus Sachsen hält dem entgegen, dass es heute schon Zeitprobleme bei den Bescheiden gebe. Manchmal auch, weil Vorarbeiten der Bundesnetzagentur nicht abgeschlossen seien - etwa beim generellen Produktivitätsfaktor.

 

"Affront für den VKU"

 

Die fünfte Regulierungsperiode ab 2028/29 bleibt - so zumindest der derzeitige Planungsstand - als Übergangsperiode bei einer Länge von fünf Jahren. In diesem Zeitraum ist aber eine jährliche Anpassung der Betriebskosten vorgesehen, um das Betriebskostenproblem schon vorher anzugehen. Allerdings will die Bundesnetzagentur dieses nur auf das Regelverfahren beschränken. "Das sehe ich durchaus als Affront gegenüber dem VKU", betonte Meißner. Der Stadtwerkeverband hatte das Modell erarbeitet. Dass ausgerechnet die kleinen Netzbetreiber, die im VKU organisiert sind, davon nicht profitieren, sei "nicht akzeptabel". Engelke plädierte dafür, dem Modell des Opex-Aufschlags eine Chance zu geben und die Entscheidung für kürzere Perioden nochmals zu überdenken. "Sinnvoll wäre, erstmal die Erfahrungen mit dem geplanten Opex-Aufschlag abzuwarten und erst dann eine finale Entscheidung zu treffen", appellierte er. /cs/mt

 

Das ganze Interview mit den beiden Vorsitzenden des Länderausschusses der Bundesnetzagentur lesen Sie hier.

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