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Kommunalwirtschaft zweifelt am Klimaziel 2045

Berlin (energate) - Eine Umfrage des Stadtwerkeverbandes VKU zeigt: Mehr als zwei Drittel der Mitgliedsunternehmen zweifeln am nationalen Ziel der Klimaneutralität 2045. So halten 67 Prozent die Erreichung des Ziels unter den geltenden Rahmenbedingungen für unrealistisch. 51 Prozent der Befragten stufen das Ziel als nicht realistisch, 16 Prozent sogar als gar nicht realistisch ein. Als Haupthindernisse nannten die Geschäftsführerinnen und Geschäftsführer die hohen Kosten, die unklare Finanzierung und die Bürokratie der Energiewende.

 

Staat kann Finanzierung nur anschieben

 

Auf der VKU-Verbandstagung in Berlin wurde deutlich, welche Summen konkret auf die Branche zukommen. Allein für die Energiewende müssten 721 Mrd. Euro bis 2030 mobilisiert werden, heißt es vom Verband. Den größten Investitionsbedarf sehen kommunale Unternehmen laut Umfrage bei den Strom- und Fernwärmenetzen für die Energiewende und auch bei den Infrastrukturen der Wasserver- und Abwasserentsorgung. Für VKU-Hauptgeschäftsführer Ingbert Liebing steht daher fest, dass es im kommenden Bundeshaushalt einen klaren Fokus auf Investitionen brauche. "Jetzt ist nicht die Zeit für theoretische Grundsatzdiskussionen, jetzt ist Zeit zum Handeln", sagte er. Derzeit wird in der Berliner Politik über das geplante Sondervermögen für Infrastrukturinvestitionen heftig gerungen.

 

Sowohl Liebing als auch VKU-Präsident Ulf Kämpfer warnten allerdings vor einer Überbelastung des Staates bei der Finanzierung: "Der Staat kann mit einem Sondervermögen nur Investitionen anschieben, aber allein solche Summen nicht finanzieren", so Liebing. Hier brauche es einen realistischen Blick, was der Staat wirklich leisten könne, denn letztlich würden die Bürger und Bürgerinnen die Rechnung über Preise, Steuern und Gebühren zahlen. Kämpfer forderte von der Bundesregierung eine ehrliche und solide Klärung der Finanzierungsfragen, um keine folgenschweren Enttäuschungen in der Bevölkerung zu riskieren. 

 

Union offen für Energiewendefonds

 

Das vom VKU präferierte Finanzierungsinstrument ist nach wie vor ein Energiewendefonds. Hierüber soll privates Kapital für die Energiewende mobilisiert werden. Bund und Länder würden Garantien und Bürgschaften geben, damit das Risikopotenzial für private Eigenkapitalgeber reduziert wird. Der Staat bliebe wiederum in der Pflicht, weil nur er das Risiko-Rendite-Profil von Investitionen in Energiewendeprojekte verbessern - quasi Anschub geben - kann, führte Liebing aus.

 

CDU-Bundesvize Andreas Jung gab sich auf der Verbandstagung offen gegenüber einem solchen Fonds, gleichzeitig kündigte er an, die Kosten der Energiewende auf den Prüfstand stellen zu wollen. Und auch dem Wunsch nach weniger Bürokratie kam der Unionspolitiker entgegen: "Der Bürokratieabbau wurde oft angekündigt in den letzten Jahren, aber nicht umgesetzt. Hier gilt es nun Vertrauen zurückzugewinnen", sagte er. Hierfür brauche es eine entschiedene Politik auf Bundesebene und eine stärkere Zusammenarbeit mit Ländern und Kommunen.

 

Stiftung Klima-Wirtschaft warnt vor Rollback beim Klimaschutz

 

Verständnis für die Sorgen der Kommunalversorger zeigte auch Sabine Nallinger, Vorständin der Stiftung Klima-Wirtschaft. "Der VKU mahnt zu Recht an, dass die Kommunen vor hohen Investitionen stehen. Die Rückmeldung vieler kommunaler Unternehmen, dass die Klimaziele bis 2045 aus ihrer Sicht nicht zu schaffen sind, ist Grund zur Sorge", sagte Nallinger auf Anfrage von energate. Zusammen mit 50 Unternehmen fordert die Stiftung, dass die neue Bundesregierung beim Klimaschutz Kurs hält und das Tempo der Transformation beschleunigt. Ein klimapolitisches Rollback gelte es unbedingt zu verhindern.

 

In der VKU-Umfrage wurde deutlich, was die Unternehmen umtreibt. Um das Ziel der Klimaneutralität doch noch zu erreichen, gaben 51 Prozent der Umfrageteilnehmenden an, dass vordringlich die Finanzierung geklärt und durch neue Konzepte erleichtert werden müsse. 47 Prozent plädieren für einen Realitätscheck bei jeder Entscheidung, jedem Gesetz. 44 Prozent der Befragten wünschen sich schnellere Planungs- und Genehmigungsverfahren. 63 Prozent wünschen sich weniger Bürokratie. Außerdem erhofft sich eine Mehrheit von 64 Prozent mehr Verlässlichkeit über die Legislaturperiode hinaus sowie mehr Realitätssinn und machbare Ziele. Mit Blick auf das energiepolitische Zieldreieck von Klimaneutralität, Versorgungssicherheit und Bezahlbarkeit wollen 39 Prozent der Befragten eine Priorisierung von Bezahlbarkeit und Wirtschaftlichkeit. /lm/ck

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