Kapazitätsmarkt: Ministerium plädiert für Hybridmodell
Berlin (energate) - Das Bundeswirtschaftsministerium hat das Optionenpapier für das zukünftige Strommarktdesign vorgelegt. Darin spricht es sich beim mit der Kraftwerksstrategie angekündigten Kapazitätsmechanismus ab dem Jahr 2028 für ein Hybridmodell aus. Dieses verknüpfe einen dezentralen Kapazitätsmarkt mit zentralen Ausschreibungen für besonders kapitalintensive steuerbare Kapazitäten mit längeren Refinanzierungshorizonten, heißt es aus dem Wirtschaftsministerium. Ein ähnliches Modell hatte beispielsweise die Monopolkommission in ihrem "Sektorgutachten Energie 2023" vorgestellt. Auch der Stadtwerkeverband VKU hatte sich zuletzt dafür ausgesprochen.
Ein kombinierter Kapazitätsmarkt vereine die Vorteile eines zentralen und eines dezentralen Kapazitätsmarktes, da er besonders gut zu einem von erneuerbaren Energien und Flexibilität geprägten Stromsystem passe, heißt es in dem 118-seitigen Papier. Der zentrale Kapazitätsmarkt hat insbesondere den Vorteil, dass er längerfristige Verträge zur Finanzierung steuerbarer Kapazitäten ermöglicht und damit für eine sehr hohe Investitionssicherheit sorgt. Allerdings hat er in der Regel Schwierigkeiten, Flexibilitäten wie E-Mobilität oder Wärmepumpen oder innovative Lösungen einzubeziehen. Die dezentrale Komponente soll diesen Nachteil ausgleichen. Bei ihr stehen die Versorger in der Verantwortung, ihre Stromlieferungen abzusichern, können ansonsten aber weitestgehend frei und technologieoffen handeln.
Mit dem Optionenpapier sind aber noch keine Entscheidungen getroffen. Es will vielmehr einen Diskussionsprozess starten. Das Papier basiert im Wesentlichen auf den Debatten in der Plattform Klimaneutrales Stromsystem (PKNS). Deren Mitglieder hatten seit 2023 im Auftrag der Koalitionsfraktionen im Bundestag analysiert, wie das zukünftige Strommarktdesign auf Grundlage von erneuerbaren Energien ausgestaltet werden kann.
Investitionsrahmen für Erneuerbare
Das Papier "Strommarktdesign der Zukunft" nimmt neben dem Investitionsrahmen für steuerbare Kapazitäten auch die Themen optimale Nutzung der Netze (lokale Signale) und mehr Flexibilität bei Angebot und Nachfrage im Strommarkt in den Blick. Zudem geht es um die Reform der Förderung für erneuerbare Energien, die in der Wachstumsinitiative der Bundesregierung angekündigt worden war. Perspektivisch soll die Erneuerbarenförderung in einen eigenen Kapazitätsmechanismus in Form einer Investitionskostenförderung überführt werden.
Eine Kapazitätszahlung mit produktionsunabhängigem Refinanzierungsbeitrag würde dem entsprechen, heißt es nun in dem Papier. Es gehe insbesondere darum, Preissignale verzerrungsfrei wirken zu lassen, so das Wirtschaftsministerium. Dazu soll das Instrument im Markt getestet werden. Das Ministerium verweist zudem darauf, dass die derzeitige Förderung mit der gleitenden Marktprämie nur bis Ende 2026 europarechtlich genehmigt ist. Danach müsse ohnehin ein Fördersystem mit einem Rückzahlungsinstrument ("Claw-Back") eingeführt werden, für Einnahmen, die über den Förderbedarf hinausgehen. Dies sehen sowohl die neue EU-Strommarkt-Verordnung als auch die Klima-, Umwelt- und Energiebeihilfeleitlinien vor. Nun gehe es darum, den Systemwechsel gut vorzubereiten. Der Erneuerbarenverband BEE hatte vor einem "harten Instrumentenwechsel" gewarnt.
Einheitliche Strompreiszone soll bleiben
Beim Thema "Lokale Signale" spricht sich das Wirtschaftsministerium dafür aus, die einheitliche Stromgebotszone beizubehalten. Diese sorge unter anderem für hohe Liquidität im Stromhandel und verhindere Wettbewerbsverzerrungen für Unternehmen. Zuvor hatte sich ein Bündnis aus Verbänden und Gewerkschaften gegen eine Aufteilung der einheitlichen deutschen Strompreiszone positioniert, während sich mehrere deutsche Ökonomen für ein Strompreiszonen-Splitting ausgesprochen und auf die "Physik des Netzes" verwiesen hatten.
Das Ministerium gesteht zu, dass sich die Herausforderungen des Engpassmanagements und des Netzbetriebs künftig erhöhen, weshalb es zusätzlich zum Netzausbau und Redispatch lokale Signale brauche. Denkbare Optionen seien zeitlich und regional differenzierte Netzentgelte, regional differenzierte Förderprogramme und die Einbindung regionaler Lasten in den Redispatch.
"Flexibilitäts-Agenda" angekündigt
Beim Thema Flexibilität fehle es derzeit noch an flexiblen Verbrauchern und Speichern. Der umfangreichen Nutzung von Flexibilität stünden außerdem noch technische, regulatorische und ökonomische Hemmnisse entgegen. Das Wirtschaftsministerium plant daher eine "Flexibilitäts-Agenda", um den Abbau dieser Hemmnisse anzugehen. Als mögliche konkrete Optionen nennt es zeitvariable und innovative Tarifmodelle, eine flexibilitätsfördernde Netzentgeltsystematik oder die Reform individueller Netzentgelte für die Industrie.
Die Optionen für das zukünftige Strommarktdesign sollen nun bis zum 28. August öffentlich konsultiert werden. Die Ergebnisse der Konsultation fließen laut Wirtschaftsministerium in die Entscheidungsfindung ein. /ck