Industrierabatte: System- oder netzdienlich?
Berlin (energate) - Die kommunalen Netzbetreiber mahnen bei der Reform der Industrienetzentgelte nach § 19 EnWG Nachschärfungen bei den Begrifflichkeiten an. So fordert der Stadtwerkeverband VKU, die Netzentgelt-Privilegien klar an dem Kriterium der Netzdienlichkeit auszurichten. "Eine wie auch immer definierte Systemdienlichkeit als neues maßgebliches Merkmal für Reduktion der Netzentgelte sehen wir als Netzbetreiber höchst kritisch und halten sie für sachlich falsch", heißt es in einer Stellungnahme des Verbands zu dem angelaufenen Reformprozess. Nach Ansicht des Verbands ist überhaupt nicht klar, was "genau unter systemdienlichem Verhalten zu verstehen ist".
BNetzA will "Systemdienlichkeit" belohnen
Die Bundesnetzagentur strebt eine Reform der Industrierabatte bei den Netzentgelten an. Im Juli hatte die Behörde dazu ein Eckpunktepapier vorgelegt und darin die Idee skizziert, die reduzierten Netzentgelte stärker an eine Flexibilisierung des Strombezugs zu knöpfen. Das soll helfen, die Stromnachfrage besser auf die volatile Erzeugung anzupassen. In dem Papier spricht die Behörde von einem "systemdienlichen Sondernetzentgelt".
Der VKU gibt zu bedenken: Eine Systemdienlichkeit, die allein auf den marktlichen Ausgleich von Angebot und Nachfrage abzielt, greift zu kurz, da sie die Gegebenheiten im lokalen Netz ausblendet. Eine vermeintliche systemdienliche Ausrichtung an Marktsignalen könne gerade in Netzen mit einer hohen Last auf der Abnahmeseite zu "einer Verschärfung von angespannten Kapazitätssituationen“ führen. Der VKU verweist in dem Kontext auf den "Synchronisierungseffekt", den ein marktlich ausgerichtetes Anreizsystem zur Folge hätte: "Da die Preissignale alle Kunden betreffen, reagieren viele Kunden gleichzeitig durch Verbrauchssteigerung oder -senkung". Engpasssituationen könnten dadurch zunehmen.
Individuelle Sonderregellungen sollen möglich sein
Da Netzentgelte für die Netznutzung zu entrichten sind, sollten sie auch "für das jeweilige Netz einen netzdienlichen Charakter aufweisen", bekräftigt der Verband seine Forderung. Als Lösung schlägt er vor, dass Netzbetreiber die Sonderentgelte für die Industrie auf Basis der lokalen Kapazitätsbelastung bestimmen und anpassen können sollten. Individuelle Sonderregelungen je Netz seien "daher sinnvoll". Solche alternativen Vereinbarungen, die auf ein netzdienliches Verhalten ausgerichtet sind, hatte die Bundesnetzagentur in ihrem Eckpunktepapier grundsätzlich als denkbar bezeichnet. /rb