Industrie fordert Klarheit bei Klimaschutzverträgen
Essen (energate) - Die Zukunft der Klimaschutzverträge in Deutschland steht auf wackligen Beinen. Zwar ist die zweite Ausschreibungsrunde bereits angelaufen, doch nach dem Ampel-Aus ist die Finanzierung des Förderinstruments noch nicht gesichert. In den Industriezweigen, die besonders von den Fördermitteln profitieren sollen, greift nun Verunsicherung um sich. Einhellig zeigten sich die Verbände der Glas-, Kalk-, Chemie- und Stahlindustrie auf Anfrage von energate besorgt über die Situation. So sieht etwa die energieintensive Glasindustrie die Klimaschutzverträge als unverzichtbar an. Johann Overath, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands Glasindustrie (BV Glas), betonte, dass die Branche im internationalen Wettbewerb stehe und auf Förderinstrumente angewiesen sei. Nur so könnten die Kosten der Umstellung auf klimafreundliche Technologien gedeckt werden.
"Dringend benötigter Schub"
Ähnlich äußert sich der Verband der Chemischen Industrie (VCI). Matthias Belitz, Leiter des Bereichs Nachhaltigkeit, Energie und Klimaschutz, sagte im Gespräch mit energate, er sehe in den Klimaschutzverträgen ein dringend benötigtes Instrument. Klimaschutzverträge seien zwar kein Allheilmittel für die Transformationsfinanzierung, "angesichts der wirtschaftlichen Lage wären sie aber ein dringend benötigter Schub, um heute noch nicht wettbewerbsfähige Lösungen umzusetzen". Das Aus der Förderung sieht Belitz als weiteren Beleg dafür, dass Planungssicherheit für die Industrie am Standort Deutschland zum Fremdwort werde. Das Interesse der Chemieindustrie an der zweiten Ausschreibungsrunde sei hoch, versicherte er. Ein Scheitern der Ausschreibungen wäre ein herber Rückschlag für die Branche.
Klimaschutzverträge, auch bekannt als Carbon Contracts for Difference (CCfD), sollen Unternehmen dabei unterstützen, Investitionen in klimaschonende, aber teurere Technologien zu tätigen. Im Oktober hatte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) Klimaschutzverträge an 15 Unternehmen im Zuge der ersten Ausschreibung übergeben. Die zweite Runde ist Ende Juli angelaufen, liegt aber nach dem Ampel-Aus auf Eis, da die Haushaltsplanungen nicht zum Abschluss gekommen waren. Das Bundeswirtschaftsministerium erklärte dazu auf Anfrage von energate, es prüfe aktuell intensiv die Umsetzungsmöglichkeiten für die weiteren geplanten Schritte im Zuge der zweiten Gebotsrunde. Eigentlich hatte das Wirtschaftsministerium geplant, die zweite Runde noch in diesem Jahr abzuschließen. Doch noch warten die Unternehmen, die Projektskizzen eingereicht hatten, auf den Aufruf, ihre finalen Gebote abzugeben.
Kalkindustrie hofft, Stahlindustrie mahnt
Dass grundsätzlich Interesse an dem Förderinstrument besteht, zeigt auch die Zahl der eingereichten Anträge. Nach Angaben des Ministeriums waren in der zweiten Runde rund 130 Projektskizzen eingegangen. Auch die Kalkindustrie setzt große Hoffnungen in Klimaschutzverträge. Ohne solche Förderungen könnten Investitionsentscheidungen in Carbon-Management-Projekte nicht getroffen werden, heißt es von dem Bundesverband der Deutschen Kalkindustrie. Von Unternehmen aus der Branche seien bereits mehrere konkrete Projekte für die Klimaschutzverträge angemeldet. Wichtig sei daher, dass es ab 2025 ein starkes Instrument zur Förderung solcher Projekte gebe.
Nicht zuletzt ist auch die Stahlindustrie auf Förderinstrumente zur Transformation ihrer Produktionsprozesse angewiesen. Kerstin Maria Rippel, Hauptgeschäftsführerin der Wirtschaftsvereinigung Stahl (WV Stahl), betonte aber auch, dass Klimaschutzverträge nur ein Baustein in einem umfassenden Maßnahmenpaket sein können. Sie forderte zugleich eine deutliche Überarbeitung des Förderinstruments, etwa die Aufhebung von Förderhöchstgrenzen, eine Entbürokratisierung und die Technologieoffenheit für alle Wasserstofffarben. Im Gespräch mit energate hatte zuletzt auch Philipp-Matthias Heuser, Head of Hydrogen & Gas beim Beratungshaus E-Bridge, für eine Reform geworben, insbesondere für eine Erhöhung der Förderung sowie einfachere Förderbedingungen. /hp