Finanzmisere der Stadtwerke trifft Kommunen "schmerzhaft"
Essen/Berlin (energate) - Wachsende Liquiditätsengpässe unter Deutschlands Stadtwerken bereiten den kommunalen Gesellschaftern zunehmend Sorge. Im Interview mit energate forderte André Berghegger, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebunds (DStGB), politische Maßnahmen für eine "Kapitalstärkung bei den Stadtwerken". Angesichts der enormen Investitionen, vor denen die gesamte Energiewirtschaft stehe, bedürfe es einer Diskussion, "wie wir die finanzielle Leistungsfähigkeit der Stadtwerke absichern können", sagte er.
Der Trend geht zur Thesaurierung
Zuletzt hatten zahlreiche Stadtwerke ihre Ausschüttungen an die kommunalen Anteilseigner zurückgefahren, um ihre eigene Kapitalkraft zu stärken. Im Finanzwesen nennt man dieses Vorgehen Thesaurierung. Zu einer solchen Maßnahme sahen sich zuletzt beispielsweise die Versorger Rheinenergie, Badenova, ESWE sowie die Stadtwerke aus Bochum, Lübeck und Speyer veranlasst - jeweils mit Verweis auf anstehende Großinvestitionen. Allerdings nehmen nicht alle Versorger solche kapitalstärkenden Maßnahmen aus freien Stücken vor. Auch finanzierende Banken drängen in Gesprächen mit Stadtwerken immer häufiger darauf, dass die kommunalen Gesellschafter ihren Beitrag zur finanziellen Absicherung leisteten. So hatte es zumindest Martin Lawin, Managing Partner der Unternehmensberatung HKCF, im Interview mit energate im Juni geschildert. Die Thesaurierung, also der Verzicht auf Gewinnbeteiligungen, sei eine Möglichkeit dazu.
Für die Kommunen heißt das in der Regel, dass sie auf Zuschüsse für ihre zumeist klammen Haushalte verzichten müssen. Dieser Verzicht sei "natürlich schmerzhaft", räumte DStGB-Geschäftsführer Berghegger ein. Auf die "jahrelang eingeübte Praxis" der Gewinnausschüttungen könnten sich die Städte und Gemeinden inzwischen nicht mehr verlassen. Zugleich stellte er klar, dass Kommunen selbstverständlich zurückstecken müssten, wenn es darum gehe, die Handlungsfähigkeit eines Stadtwerks zu bewahren.
Dennoch sei der Trend zur Thesaurierung aus Sicht der Kommunen problematisch, denn: "Die Kommunen können das, was die Stadtwerke nicht mehr leisten können, nicht ansatzweise durch andere Einnahmequellen ausgleichen, weil es überall finanziell kneift", betonte Berghegger. Der DStGB-Verantwortliche verwies darauf, dass die Kommunen in diesem Jahr auf ein Gesamtdefizit von 13 Mrd. Euro hinsteuerten - gegenüber dem Vorjahr eine Verdopplung. Und die Aufgabenfülle des öffentlichen Sektors nehme auch weiterhin zu, gab Berghegger zu bedenken. "Und da ist die kommunale Wärmeplanung ja nur ein Posten unter vielen."
Diskussionsbedarf bei Energiewende-Fonds
Vor diesem Hintergrund schloss er sich den Vorschlägen für einen Energiewende-Fonds an, der Investitionen in den Energiesektor finanzieren soll. Ein entsprechendes Konzept hatten die Verbände BDEW und BKU im vergangenen Jahr vorgelegt. Berghegger sieht bezüglich der Ausgestaltung des Fonds-Modells allerdings noch weiteren Klärungsbedarf. Das Modell müsse ausschließen, dass öffentliche Infrastruktur "leichtfertig" in private Hände gerate, mahnte er. Dieses ließe sich etwa über stille Beteiligungen oder Genussrechte sicherstellen. /rb
Das gesamte Interview mit André Berghegger, Hauptgeschäftsführer des Städte- und Gemeindebunds, lesen Sie im heutigen Add-on "Markt & Industrie".