Erdgaslieferungen für die Slowakei über Turk Stream
Bratislava (energate) - Gazprom hat die Gaslieferungen an das slowakische Energieunternehmen SPP wieder aufgenommen. Am 6. Februar gab die SPP bekannt, dass die Slowakei dabei auf Kapazitäten zurückgreift, die Ungarn an die Slowakei abgetreten hatte. Der SPP-Vorstandsvorsitzende Vojtech Ferencz betonte, dass der Liefervertrag mit Gazprom, der bis zum Jahr 2034 gültig ist, nicht gekündigt wird und weiterhin Bestand hat. Die Zusammenarbeit mit Gazprom sei äußerst vorteilhaft, insbesondere wenn es um die Transportgebühren geht, die viel günstiger seien als bei anderen Lieferanten. Unter ausschließlicher Verwendung westlicher Transitrouten würden nach SPP-Angaben zusätzliche Kosten von 90 Mio. Euro entstehen.
Der Gasverbrauch in der Slowakei lag 2023 bei 4,3 Mrd. Kubikmetern. 2024 erhöhte er sich nach Prognosen des Institute of Central Europe auf etwa 5 Mrd. Kubikmeter. Das Land setzt nach wie vor stark auf russische Gaslieferungen, die seit dem Stopp des Ukraine-Transits zum Jahresbeginn aber ausbleiben. Im Westen hat SPP ersatzweise Verträge mit BP, Exxon Mobil, Shell, Eni und RWE abgeschlossen. Als alternative Transportroute setzt das Land vor allem auf Lieferungen aus Deutschland durch Österreich oder Tschechien. Alternativ wird die Slowakei auch über Ungarn und die Schwarzmeer-Pipeline Turk Stream beliefert. Transporte durch Polen hat SPP Ende 2024 zwar nicht ausgeschlossen, aber angesichts hoher Transitgebühren für unwahrscheinlich erklärt.
Laut Ferencz verliefen die Verhandlungen mit Gazprom über eine Fortsetzung der Lieferungen sehr pragmatisch, der Preis sei angemessen. "Es interessiert uns nicht, wie Gazprom das Erdgas in die Slowakei liefert", meinte der SPP-Vorstandsvorsitzende zum Streit um den beendeten Ukraine-Transit. "Der Krieg wird enden, alles wird wieder zur Normalität zurückkehren", hieß es am Ende der Stellungnahme. Der kaufmännische Direktor von SPP, Michal Ľalík, schloss darüber hinaus ein etwaiges Schiedsverfahren gegen Gazprom erstmal aus. Es ist aber nicht ausgeschlossen, dass es in der Zukunft dazu kommt. Nach Angaben des Vorstands des Unternehmens kann ein Schiedsverfahren innerhalb von zehn Jahren ab dem Datum der Vertragsverletzung eingeleitet werden.
Letzte Pipeline-Route für russisches Gas
Die Turk Stream verfügt mit ihren zwei Leitungssträngen über eine Kapazität von jeweils 15,75 Mrd. Kubikmetern pro Jahr. Ein Strang bedient den türkischen Markt und der andere erreicht über Strandza Bulgarien. Das ist auch die letzte aktive Gasleitung, die Gazprom für die Ausfuhr von Gas nach Europa noch nutzen kann.
Von dort aus wird Gas in der Regel nach Griechenland, Nordmazedonien, Rumänien, Serbien, Bosnien und Ungarn geschickt. Die Kapazität von Turk Stream an der serbisch-ungarischen Grenze beträgt 8,5 Mrd. Kubikmeter. "Im Jahr 2024 sind mehr als 6,6 Mrd. Kubikmeter Gas über Turk Stream nach Ungarn gelangt", sagte der ungarische Außenminister Péter Szijjártó. Ungarn selbst verbraucht 8,5 Mrd. Kubikmeter Erdgas jährlich. Rund 1 Mrd. Kubikmeter bezieht Ungarn aus Kroatien über das Adria-LNG-Terminal auf Krk. Im Jahr 2024 bezog Ungarn etwa 2,8 Mrd. Kubikmeter Erdgas aus Rumänien.
Der ungarische Regierungsbeauftragte für die Energiesicherheit Szilárd Németh erklärte im Herbst 2024, dass Ungarn trotz der Sanktionen die notwendigen Mengen an Gas beschafft hatte. Dadurch betrug die gespeicherte Erdgasmenge im Herbst 2024 6,29 Mrd. Kubikmeter. Das bedeutet, dass die Speicher zu 92,21 Prozent gefüllt waren. Aktuell ist von einem Füllstand von rund 46 Prozent auszugehen, was etwa 3 Mrd. Kubikmetern entspricht.
Ungarn sichert substanzielle Lieferungen zu
Zusammengenommen könnte Ungarn die Slowakei tatsächlich substanziell mit Erdgas versorgen. Das kündigte Viktor Orbán während des Besuchs des slowakischen Premiers Robert Fico in Budapest in der zweiten Januarhälfte an: "Das wird uns beiden helfen, vor allem aber der Slowakei, wenn sie kein Gas aus der Ukraine bekommt. Dann wird man zu einem vernünftigen Preis Erdgas über Ungarn oder zu einem sehr hohen Preis aus dem Westen beziehen. Die Verantwortung Ungarns gegenüber der Slowakei ist also gewachsen. Wir sind uns dessen bewusst und werden die Verpflichtung, die uns dadurch auferlegt wird, erfüllen - das habe ich dem Ministerpräsidenten versprochen."
Gazprom könne sich nach Einschätzungen von Branchenkennern sogar verpflichtet haben, die vertraglich vereinbarte Gasmenge auf eigene Kosten an die EU-Grenze zu liefern. Offiziell würden die Slowaken für den ungarischen Transit aufkommen, aber die Russen würden inoffiziell im Einvernehmen mit Ungarn einen Teil der zusätzlichen Kosten übernehmen. /Aleksandra Fedorska