Eon koppelt Investitionspläne an Netzrenditen
Essen (energate) - In der Debatte um eine angemessene Verzinsung von Netzinvestitionen verschärft der Energiekonzern Eon den Ton. Das Essener Unternehmen knüpft eine Ausweitung seiner Investitionen an eine verbesserte Eigenkapitalverzinsung. "Solange wir keine Transparenz über die Regulierung haben, werden wir unser im März 2024 angekündigtes Investitionsprogramm nicht ausweiten", erklärte CEO Leonhard Birnbaum bei der Bilanzpressekonferenz des Unternehmens. Das aktuelle Regulierungsregime biete keine ausreichende Verzinsung, um private Investitionen in die Netzinfrastruktur anzuziehen, warnte er. Entscheidend sei dabei nicht, an welcher Stellschraube im Regulierungssystem gedreht werde, am Ende müsse eine bessere Eigenkapitalverzinsung für Netzinvestitionen herumkommen, forderte er.
Deutscher "Alleingang" bei Zinswende
Für die laufende Regulierungsperiode hatte die Bundesnetzagentur den Eigenkapitalzinssatz für Neuanlagen auf 5,07 Prozent abgesenkt und dazu auf das niedrigere Zinsniveau an den Kapitalmärkten verwiesen. Birnbaum erneuerte angesichts der Zinswende sein Unverständnis über diese Entscheidung. Deutschland sei der einzige Markt, der mit einer Absenkung der Zinssätze auf die steigenden Kapitalkosten reagiert habe. Als größter Verteilnetzbetreiber Deutschlands ist der Eon-Konzern in besonderem Maße von den Entscheidungen der Bundesnetzagentur zur Eigenkapitalverzinsung betroffen.
Laut den vorgestellten Plänen kalkuliert der Eon-Konzern im Zeitraum von 2024 bis 2028 mit 35 Mrd. Euro in die Netzinfrastruktur. Im Folgejahr 2029 beginnt eine neue Regulierungsperiode für Stromnetze. Die dann gültigen Netzrenditen wird die Bundesnetzagentur auf Basis des sogenannten NEST-Prozesses festlegen. Für die Zeit nach 2028 verzichtet Eon nun vorerst gegenüber seinen Aktionären darauf, das Investitionsvolumen zu konkretisieren. Birnbaum betonte aber: "In der nächsten Regulierungsperiode werden wir andere Bedingungen brauchen, sonst können wir die Schlagzahl an Investitionen nicht einmal im Ansatz halten."
Smart-Meter-Rollout bleibt Sorgenkind
Neben der Eigenkapitalverzinsung veranlasste auch der Smart-Meter-Rollout Birnbaum zu deutlichen Appellen. So forderte er weitere Reformen, um den Prozess nachhaltig zu beschleunigen. Zu hohe technische Anforderungen und ein "Flickenteppich" an behördlichen Zuständigkeiten und Marktrollen machten den Rollout unnötig komplex und teuer. "Die neue Bundesregierung muss den Smart-Meter-Rollout dringend neu aufsetzen", mahnte der Konzernchef. Konkret forderte er, die Umsetzung des Rollouts wieder alleinig in die Hände der Netzbetreiber zu legen, also die Unterscheidung zwischen grundzuständigen und wettbewerblichen Messstellenbetreibers wieder abzuschaffen.
Zuletzt hatten zahlreiche Netzbetreiber eine Mahnung der Bundesnetzagentur erhalten, da sie die gesetzlich vorgeschriebenen Pflichtquoten für den Rollout zu verpassen drohen. Birnbaum wollte darin aber keinen Hinweis sehen, dass die Netzbetreiber beim Rollout "nicht liefern". In fast sämtlichen anderen Ländern Europas seien die Netzbetreiber für den Rollout zuständig und alle hätten es schneller hinbekommen als in Deutschland, argumentierte er. "Das Thema ist ganz klar ein regulatorisches", zeigte er sich überzeugt. Zugleich betonte er: Erinnerungsschreiben der Aufsichtsbehörde zu den Rollout-Pflichten seien bei Eon an der falschen Adresse. Der Essener Konzern habe bislang rund 600.000 Smart Meter ausgerollt und erreiche bei den Pflichteinbaufällen eine Quote von 19 Prozent. Vorgeschrieben sind bis Ende des laufenden Jahres 20 Prozent. "Wir haben unsere Pflichten für dieses Jahr so gut wie erledigt", zeigte sich Birnbaum zufrieden.
Förder-Aus für Solaranlagen
Auch in Richtung der künftigen Bundesregierung formulierte der Eon-CEO Forderungen. So dürfe sich künftig der Zubau erneuerbarer Energien nicht mehr allein an politischen Ausbauzielen orientieren, vielmehr müsse er den tatsächlichen Bedarf in Betracht ziehen. Zugleich erneuerte er Forderungen, den Zubau an Wind- und Solaranlagen stärker an der Netzverträglichkeit auszurichten, um die Systemkosten nicht ausufern zu lassen. Bei der EEG-Förderung sieht er Reformen ebenfalls angeraten: Solaranlagen auf Dachflächen bräuchten inzwischen "ganz sicher keine Förderung mehr", da diese sich aufgrund der Eigenverbrauchsoptimierung rechneten.
Mit Blick auf den Boom an Batteriespeichern warb Birnbaum um eine Neuregelung von Netzanschlussanfragen. "Wir werden überrannt mit Netzanschlussbegehren", gab er zu bedenken. So lägen den Netzgesellschaften im Konzern aktuell gesammelt Netzanschlussanfragen von Großspeichern mit einem Gesamtvolumen von 100 GW vor. Davon sind seinen Schätzungen zufolge maximal 20 Prozent "ernst gemeint", da viele Projekte gleich mehrfach Anschlussbegehren einreichten. Der Eon-CEO schlug daher eine Reservierungsgebühr für Netzanschlussbegehren vor, die Netzbetreiber zurückerstatten, sobald ein Projekt tatsächlich gebaut wird.
Blick auf die Bilanz
Eon hat das vergangene Geschäftsjahr mit einem leichten Ergebnisrückgang abgeschlossen. Der bereinigte Konzernüberschuss ging um sieben Prozent auf 2,86 Mrd. Euro zurück. Eon-Finanzvorständin Nadia Jakobi sprach von einem "herausfordernden Jahr". Den Großteil der Erträge erwirtschaftet Eon nach wie vor im Netzgeschäft, das sich im vergangenen Jahr als verlässliche Säule erwies. Die Netzinfrastruktur soll auch im angelaufenen Geschäftsjahr die Grundlage für weiteres Wachstum und eine positive Ergebnisentwicklung bilden, so die Prognose. /rb