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Energiewirtschaft und Gewerkschaft lehnen Strompreiszonensplit ab

Berlin (energate) - Im Vorfeld der Energieministerkonferenz vom 15. bis 17. Mai in Kiel warnen Energieverbände vor einer Unterteilung des deutschen Strommarktes in unterschiedliche Preiszonen. "Eine Teilung der einheitlichen deutschen Preiszone wäre aus Sicht des BDEW mit erheblichen Nachteilen verbunden und würde dem Strommarkt und dem Erfolg der Energiewende letztlich mehr schaden als nützen", sagte Kerstin Andreae, Vorsitzende des Energieverbandes BDEW, auf Anfrage von energate. Und auch der Kommunalverband VKU ist für den Fortbestand einer einheitlichen Gebotszone in Deutschland - "ohne Wenn und Aber", wie ein Sprecher gegenüber energate betonte.

 

Zuvor hatten sich schon die beiden Gewerkschaftsbezirke DGB Bayern und DGB Nord in einem Positionspapier gegen einen Strompreiszonensplit gewandt. Dieser würde Wohlstand und Beschäftigung gefährden und womöglich die Energiewende verlangsamen, heißt es in dem Papier, das energate vorliegt. Dass sich durch eine Verteuerung des Strompreises im Süden mehr Industrie im Norden ansiedele, sei eine Illusion, heißt es weiter. Die Gefahr sei indes groß, dass energieintensive Unternehmen ihre Produktion nicht nach Norddeutschland, sondern vollständig ins Ausland verlagern würden.

 

Vorbild Skandinavien

 

Die Gewerkschaftsbezirke beziehen sich hier auf eine Initiative von Schleswig-Holsteins Energiewendeminister Tobias Goldschmidt (Grüne). Dieser plädiert für die Aufteilung. "Die Energiewende in Deutschland verläuft in zwei Geschwindigkeiten, das muss sich auch im Marktdesign zeigen", sagte er am Rande einer Veranstaltung seines Bundeslandes zum Thema Strompreiszonensplit in Berlin.

 

Das Grundproblem: Der Norden produziert mehr Strom, als er verbrauchen kann. In den Süden lassen sich die Strommengen aber nicht so einfach transportieren, weil die Leitungen fehlen. Ein Effekt dieser Situation sind die stetig steigenden Redispatchkosten. Eine Aufteilung der bislang einheitlichen Strompreiszone könnte das Problem zumindest lindern. Unterschiedliche Gebotszonen sind dabei in anderen Ländern Europas seit Langem etabliert. Norwegen hat fünf Preiszonen, Schweden vier.

 

DGB: Problem woanders

 

Während die Nordländer für einen Preiszonensplit plädieren, hatte sich Bundesnetzagentur-Chef Klaus Müller dagegen positioniert. Und auch die DGB-Bezirke sehen das eigentliche Problem woanders: "Für ein Gelingen der Energiewende brauchen wir niedrige Strompreise und eine gerechte Verteilung und Deckelung der Netzentgelte, denn da liegt der Grund für die hohen Strompreise im Norden", sagte Laura Pooth, Vorsitzende DGB Nord. Und Bernhard Stiedl, Vorsitzender DGB Bayern, nimmt sein eigenes Bundesland in die Pflicht. Er fordert von der Bayerischen Staatsregierung, "Scheindebatten endlich zu beenden und den erfolgreichen Windkraft- und Netzausbau weiter voranzutreiben." Erklärtes Ziel der Energieministerkonferenz müsse sein, eine Teilung des Strommarktes in Deutschland zu verhindern, fordern die beiden DGB-Bezirke.

 

Warnungen vor Markt- und Investitionsunsicherheiten

 

Das Positionspapier der Gewerkschaften stößt auch auf Zustimmung von Simone Peter, Präsidentin des Bundesverbands Erneuerbare Energie (BEE): "Unterschiedliche Strompreiszonen in Deutschland wären ein fataler Irrweg", sagte Peter zu energate. Sie würden ihrer Meinung nach dazu führen, dass das Land in zwei Regionen zerfalle: "Eine, in der sich der Ausbau der Erneuerbaren lohnt, dafür aber keine Sektorenkopplung. Und eine, in der sich Sektorenkopplung lohnt, aber nicht der Ausbau der Erneuerbaren." Preiszonen würden darüber hinaus stärker schwankende Märkte schaffen und Investitionen in den Erneuerbarenausbau erschweren, so Peter. "Der Ruf nach der Aufteilung in zwei Strompreiszonen ist wie der Gesang der Sirenen: Er mag schön klingen, aber wer ihm folgt, droht Schiffbruch zu erleiden", so Peter weiter. Davon unbenommen halte der BEE eine Reform der Netzentgelte für überfällig.

 

Und auch der BDEW ist der Meinung, dass eine Teilung der deutschen Preiszone den Erneuerbarenausbau im Norden gefährden würde. "Im Norden herrschen in Deutschland die besten Bedingungen für den Ausbau der Windenergie. Läge der Strompreis in einer norddeutschen Preiszone jedoch deutlich niedriger als in der gemeinsamen Preiszone, wäre es für Investoren nicht mehr attraktiv, im Norden Windräder zu bauen, da diese sich nicht mehr am Markt refinanzieren könnten und wieder stärker auf staatliche Förderung angewiesen wären", so Andreae.

 

Fehlende Liquidität

 

Zu kleinräumige Marktgebiete seien nicht praxistauglich und gefährdeten durch mangelnde Liquidität und fehlende Absicherungsmöglichkeiten die notwendigen Investitionen der Erzeuger und die bestmögliche Preissicherheit für die Verbraucher, meint auch der VKU. Ein Neuzuschnitt der Gebotszone könne zwar Netzengpässe vorübergehend etwas reduzieren, sei aber mit Risiken behaftet - etwa für den Ausbau der Offshore-Windenergie. "Niedrigere Strompreise im Norden infolge einer Preiszonenaufteilung gefährden die Wirtschaftlichkeit der Anlagen und erhöhen den Ergebnisdruck der betroffenen Anlagen", so der Kommunalverband. Die Folge könnten demnach unter anderem Forderungen nach Kompensationsleistungen sein.

 

Ende dieses Jahres wollen die Übertragungsnetzbetreiber Empfehlungen zur möglichen Aufteilung der deutschen Strompreiszone geben. Die endgültige Entscheidung darüber treffen sie aber nicht. /ck

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