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Energiewende braucht Finanz- und Humankapital

Gelsenkirchen (energate) - Die Transformation der Energieversorgung wird teuer. Das spüren die Versorger bundesweit. Denn in allen Bereichen - Strom, Gas und Fernwärme - stehen umfangreiche Investitionen an. "Das sind exorbitante Summen, die da im Raum stehen", sagte Manfred Ackermann, Geschäftsführer der Gelsenkirchener Emscher Lippe Energie (Ele), im energate-Interview mit Blick auf die anstehende Transformation der Branche. Bis 2030 soll diese die Versorger laut einer BDEW- und VKU-Studie 730 Mrd. Euro kosten. Das stelle Stadtwerke jeder Größe vor ganz neue Herausforderungen. Denn sie müssen das dafür notwendige Kapital beschaffen. Der eigene Cashflow reicht bei Weitem nicht mehr aus, ebenso wie der Gang zur ortsansässigen Bank, wie Ackermann weiter verdeutlichte. Der Ele-Chef rechnet in den kommenden 20 Jahren für sein Unternehmen mit einem Investitionsbedarf von rund 1 Mrd. Euro, allein für die Gas- und Stromnetzinfrastruktur.

 

"Müssen uns privatem Kapital öffnen"

 

In der Konsequenz müssen sich Versorger wie die Ele neue Finanzierungswege erschließen. "Über kurz oder lang werden wir uns mehr dem privaten Kapital öffnen müssen", so Ackermann. Das kann beispielsweise über private Anleger und Infrastrukturfonds geschehen. Meist hätten Investoren kein Interesse daran, direkt bei einem Energieversorger einzusteigen, ein Gegenbeispiel sei die Oldenburger EWE. Stattdessen gehen diese in bestimmte Infrastrukturprojekte, etwa wenn in einem Stadtteil ein Wärmenetz entstehen soll. "Für das Projekt gründet man eine eigene Gesellschaft, in welche der Investor dann einsteigt", erklärte der Geschäftsführer.

 

Ele-Chef will Dialog anstoßen

 

Für Stadtwerke und Versorger ist das aber größtenteils noch Neuland. "So haben Energieversorger nie finanziert", weiß der Ele-Chef. Früher seien diese eben zur lokalen Sparkasse gegangen und hätten sich ein Darlehen geholt. "Aber an der Stelle müssen wir jetzt anders denken, weil ganz andere Summen im Raum stehen." Hier müsse in vielen Chefetagen von Energieunternehmen seiner Meinung nach noch ein Umdenken stattfinden. Zudem brauche es viel mehr Dialog, nicht nur innerhalb der Branche, sondern auch mit Vertretern aus der Finanzwirtschaft und den Kommunen, die solche Konzepte als Gesellschafter mittragen müssen. "Da haben wir noch enorme Defizite", sagt Ackermann.

 

Ele schafft neue Stelle für Finanzen

 

Die Ele hat damit jetzt zumindest mal angefangen. "Ich sichte den Markt und führe viele Gespräche in der Richtung", so der Stadtwerke-Chef. Dabei habe sich aber auch schnell gezeigt, dass es auch intern noch an Know-how fehlt, insbesondere was das Financial Modelling angeht. "Im ersten Schritt werden wir deswegen einen Leiter Finanzen suchen", kündigte der Ele-Chef an. Denn plötzlich muss sich der Versorger Gedanken um solche Kennzahlen machen wie einen dynamischen Verschuldungsgrad. Das ist ein Bonitätsindikator, der den Banken sagt, in welchem Zeitfenster ein Unternehmen aus dem Cashflow die Verbindlichkeiten decken kann. "Vorher haben wir uns nie damit beschäftigt, das stand bislang einfach nicht auf der Tagesordnung."

 

Ele mit strategischer Neuausrichtung

 

Humankapital ist für Ackermann grundsätzlich ein gutes Stichwort, denn neue Mitarbeitende braucht es für die Herausforderungen der Energiewende an vielen Stellen. Um diese zu meistern, hat sich die Ele vor rund zwei Jahren auch strategisch neu aufgestellt. Das Projekt "NOVA" ist ein wichtiger Teil davon. "Es ist ein Projekt zur internen Transformation, mit dem wir aber die Grundlagen für die externe Transformation legen, also alles, was mit der Energiewende zu tun hat", erklärte Ackermann gegenüber energate. Dazu gehören Themen wie Arbeitgeberattraktivität, strategische Nachfolgeplanung, Unternehmenskultur und Führungsleitlinien. "Wir wollen damit ein Signal an die Belegschaft, aber auch nach außen senden, dass wir uns mit diesen weichen Faktoren beschäftigen und uns weiterentwickeln wollen."

 

Ele vollzieht Generationenwechsel

 

Denn auch in Sachen Mitarbeitergewinnung gibt es Baustellen, weil die Ele Personal aufbauen und sich von knapp 600 auf 700 Mitarbeitende verstärken will. Dazu kommt, dass 180 Mitarbeitende in der nächsten Zeit altersbedingt ausscheiden. "Das ist viel und vollzieht sich auf allen Ebenen, auch in der Geschäftsleitung", so Ackermann. Von den neun Leuten in der Leitung werden sechs in den nächsten Jahren in den Ruhestand gehen. Das müsse gut vorbereitet sein. Zumal es auch für die Ele nicht leichter wird, gutes Personal zu finden: "Denn gerade in einem Ballungsraum wie dem Ruhrgebiet, wo viele Energieversorger vor den gleichen Herausforderungen stehen, fischen wir alle im gleichen Teich und der wird immer kleiner." So sei der Aufwand, um eine Stelle gut zu besetzen, mittlerweile deutlich gestiegen. /ml

 

Das gesamte Interview mit Ele-Geschäftsführer Manfred Ackermann lesen Sie in der Sonderausgabe der e|m|w "Energieinfrastruktur im Wandel", die am 7. November erschienen ist.

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