Einheitlichere Regulierung für das Übertragungsnetz
Bonn (energate) - Die Regulierung der Übertragungsnetzbetreiber wird sich künftig grundlegend ändern. Das geht aus den "Eckpunkten zur Festlegung eines Regulierungsrahmens für Übertragungsnetzbetreiber" hervor, welche die Bundesnetzagentur am 5. März 2025 veröffentlicht hat. Diese sehen eine Abkehr vom bisherigen Budgetprinzip für die Onshore-Übertragungsnetze vor. Stattdessen sollen diese künftig ähnlich wie die Offshore-Netze reguliert werden; dies dient auch der Vereinheitlichung auf der Übertragungsnetzebene. Dafür sieht das Papier eine jährliche, plankostenbasierte Cost-Plus-Regulierung mit Effizienzanreizen sowie einem späteren Abgleich der geplanten mit den tatsächlichen Kosten vor.
Die Übertragungsnetzbetreiber sollen laut Eckpunktepapier jeweils zum Ende eines Jahres eine Kostenprognose für das kommende Jahr durchführen. Nach Abschluss eines jeden Jahres müssen sie dann der Bundesnetzagentur einen Plan-Ist-Abgleich vorlegen. Zudem will die Behörde die Übertragungsnetzbetreiber mindestens alle vier Jahre einer umfassenden Betriebsprüfung unterziehen. Zur Schaffung von Rechtssicherheit soll fünf Jahre nach Ablauf der Kalkulationsperiode und Übermittlung der vollständigen Unterlagen an die Bundesnetzagentur eine Genehmigungsfiktion eintreten.
Kapitalverzinsung wird internationaler
Die kalkulatorische Gesamtkapitalverzinsung soll künftig - in Anlehnung an das für die Verteilnetzbetreiber geplante Modell - mittels einer sogenannten WACC-Rate (WACC = weighted average cost of capital) ermittelt werden. Zur Begründung heißt es von der Bundesnetzagentur, diese Form der Kapitalkostenbestimmung werde auch in den meisten anderen europäischen Ländern angewendet. Sie gehe davon aus, dass eine "diesbezügliche Angleichung an internationale Standards auch die Transparenz und Nachvollziehbarkeit für Investoren sowie für Netznutzer und die Allgemeinheit stärkt."
50-Hertz-Geschäftsführer Stefan Kapferer erklärte im Interview mit energate die Bedeutung dieser Neuregelung: "Wir können nicht - ich sage es jetzt mal überspitzt - bei der örtlichen Sparkasse Kredite aufnehmen. Wir müssen als Übertragungsnetzbetreiber weltweit auf dem Kapitalmarkt agieren, weil die Größenordnung einfach so groß ist." Entscheidend für die Finanzierung sei aber nach wie vor die Höhe des Eigenkapitalzinssatzes, so Kapferer weiter.
Bei der Bewertung des Sachanlagevermögens will die Bundesnetzagentur künftig wie im Verteilnetz vollständig das Prinzip der Realkapitalerhaltung anwenden. Das vereinfacht die Abschreibung der Sachanlagen. Bislang gilt im Übertragungsnetz noch ein Mischprinzip aus Realkapitalerhaltung und Nettosubstanzerhaltung.
Effizienz- und Beschleunigungsanreize
Weiter sieht die Bonner Behörde Anreize für mehr Effizienz sowie zur Beschleunigung vor. Zwar sei ein Effizienzvergleich der Übertragungsnetzbetreiber untereinander (Totex) aufgrund deren geringer Anzahl nicht durchführbar, konstatiert die Netzagentur. Kostenüberprüfungen im Rahmen von Partialbenchmarks seien jedoch entscheidend, um die Kosten zu begrenzen, heißt es in dem Eckpunktepapier. Bestehende Regelungen zur effizienten Beschaffung von Verlust- und Regelenergie sollten fortgeschrieben und weiterentwickelt werden. Ebenfalls denkbar seien Prozesskostenrechnung sowie eine output-orientierte Festsetzung der Kosten.
Nach dem Willen der Bundesnetzagentur soll der Netzausbau möglichst schnell erfolgen, mit einer Priorisierung auf den wichtigsten Maßnahmen. Daher prüft sie Boni, wenn die Betreiber das Netz so ausbauen, dass die Gesamtmenge des Redispatch nachweisbar sinkt. Auch diesen Ansatz begrüßte Kapferer im Interview. Dahinter stehe eine nachvollziehbare Logik. Er führte aus: "Wir haben so viele Projekte vor der Brust, dass wir diese möglichst kostengünstig und schnell bauen sollten." Sinnvoll sei auch, die Projekte am schnellsten zu bauen, mit denen am meisten Redispatchkosten vermieden werden könnten.
Neuer Regulierungsrahmen bis mindestens 2037
Die im Eckpunktepapier vorgesehene neue Regulierungsmethodik soll mindestens bis 2037 greifen. Spätestens bis 2034 will die Bundesnetzagentur das System evaluieren, um es bei Bedarf ab 2038 nachjustieren zu können. Interessierte Wirtschaftskreise können bis zum 18. April Stellung zum Eckpunktepapier nehmen, es handelt sich aber nicht um eine förmliche Konsultation. Der Prozess zu den Übertragungsnetzen ist aufgrund der Sondersituation eigenständig und außerhalb des Nest-Prozesses. /sd
Das vollständige Interview mit Stefan Kapferer, Vorsitzender der Geschäftsführung von 50 Hertz, finden Sie im Strom-Add-on.