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Deutschlands erster Erdbeckenspeicher hat es schwer

Meldorf (energate) - Deutschlands erster größerer Erdbeckenwärmespeicher im schleswig-holsteinischen Meldorf hat mit finanziellen und technischen Herausforderungen zu kämpfen. Trotzdem denken "mehrere, auch größere Kommunen mittlerweile über solche Anlagen nach", erläuterte Annalena Warburg im energate-Interview. Sie ist Head of Department Energy Systems DE der am Projekt beteiligten dänischen Ingenieurberatung Ramboll.

 

Während in Dänemark die Technik bereits Standard ist, ist es hierzulande eine Premiere, Wärme nicht nur für ein Wochenende, sondern für mehrere Wochen oder gar Monate einzuspeichern. Seit Juni wird in Meldorf die erste Wärme aus einem Biogas-BHKW im Becken mit 100 Metern Durchmesser und 11 Metern Tiefe eingelagert. Erst später wird auch die Abwärme einer am Ort ansässigen Druckerei mit 1 MW Leistung hinzukommen. Der Probebetrieb hat sich damit über ein Jahr verzögert. Unter anderem riss die Abdeckfolie bei einem Sturm. Auch das hohe Grundwasserniveau und die damit verbundene komplexe Wasserhaltung habe den Bau erschwert und verteuert, berichtete Warburg. So mussten die Pumpen beim Bau nonstop laufen, was in anderen Regionen nicht der Fall sein würde. Die Kommune Meldorf wusste um die Schwierigkeiten, wollte aber trotzdem bauen. "Es steckt immer Überzeugung dahinter", ordnete die Ramboll-Abteilungsleiterin ein.

 

Projektkosten müssen sinken

 

Trotz der guten Förderung durch den Projektträger Jülich rechnet sich das 12 Mio. Euro teure Projekt in Meldorf (noch) nicht. "Das kommuniziert unser Auftraggeber ganz offen: Das gesamte System ist für die kleine Region aktuell noch zu teuer", erläuterte Warburg auf Nachfrage. Die Summen für den Erdbeckenwärmespeicher, das Wärmenetz, für die gesamte Anlagentechnik und für den Anschluss aller Verbraucher schlagen zu Buche.

 

Das merkt auch eine Genossenschaft in der hessischen Gemeinde Bracht, für die Ramboll den bisher zweiten großen Saisonspeicher plant, allerdings etwas kleiner - mit 26.000 statt 43.000 Kubikmeter für einen der Ortsteile. Zwar ist der Baugrund dort "deutlich vorteilhafter", dennoch ist die Wirtschaftlichkeit ebenfalls ein Problem, auch eingerechnet die Doppelförderung von Bund und Land. Die Kosten für komplexe Energiesysteme und Bauarbeiten sind in den vergangenen Jahren gestiegen.

 

Gleichzeitig wächst aber auch der Druck zur Dekarbonisierung, sodass Warburg trotzdem Chancen für die saisonale Wärmespeicherung in Erdbecken sieht. Beispielsweise in der Nähe von Müllverbrennungsanlagen, die vermutlich noch lange gebraucht werden. "Die Skalierung könnte bei der Umsetzung weiterer Projekte helfen, wie auch die Erfahrung und vielleicht auch eine gezieltere Förderung", sagte sie im Gespräch mit energate. Je nach Grundwasserspiegel und Boden fallen die Preise für den Bau recht unterschiedlich aus. Im "Solardorf Bracht", wo künftig vor allem Solarwärme in dem Becken eingespeichert werden wird, waren es "nur" 130 Euro pro Kubikmeter, in Meldorf wurden wegen des Baugrunds circa 180 Euro veranschlagt.

 

Machbarkeitsstudien für saisonale Speicher

 

Für das Konzept Erdbecken müssen gleich mehrere Faktoren stimmen. Zunächst muss eine geeignete, große Fläche für den Speicher verfügbar sein. Gleichzeitig braucht es eine adäquate Wärmequelle in der Nähe. Auch die Verlegung des Nahwärmenetzes kann unterschiedlich kompliziert und dadurch teuer ausfallen. In Meldorf musste ein kleinerer Fluss gequert werden, was den Bau weiter verzögerte. Zudem müssen sich genügend Verbraucher ans Netz anschließen wollen.

 

Ein drittes deutsches Projekt nach Meldorf und Bracht ist bei Ramboll derzeit nicht in Planung. Aber bei den Machbarkeitsstudien im Rahmen der Bundesförderung für effiziente Wärmenetze (BEW) wünschten Stadtwerke und Kommunen, zumindest die Option zu prüfen. "Und uns erreichen als Ingenieurbüro viele Anfragen zum Thema", führte Warburg aus. /mt

 

Das vollständige Interview lesen Sie im heutigen Add-on Gas und Wärme.

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