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Bundesrat stimmt Reform der Schuldenbremse zu

Berlin (energate) - Der Bundesrat hat der Reform der Schuldenbremse zugestimmt. Mit 53 Stimmen erreichte der Gesetzesentwurf mehr als die benötigte Zweidrittelmehrheit. Damit ist der Weg frei für das Sondervermögen, von dem 100 Mrd. Euro in den Klima- und Transformationsfonds (KTF) fließen sollen. Auch dürfen die Länder in begrenztem Maß Schulden aufnehmen. Für die Verfassungsänderung waren 46 der insgesamt 69 Stimmen nötig. Neben den Bundesländern, in denen SPD, CDU und Grüne in unterschiedlichen Konstellationen koalieren, hatte auch Bayern, wo CSU und Freie Wähler die Regierung bilden, seine Zustimmung angekündigt. Damit wäre mit 47 Stimmen eine Zweidrittelmehrheit gesichert gewesen. Doch auch Bremen und Mecklenburg-Vorpommern, in denen die Linke Teil der Regierung ist und die jeweils über drei Stimmen im Bundesrat verfügen, stimmten der Reform zu. Brandenburg, Rheinland-Pfalz, Thüringen und Sachsen-Anhalt, in denen jeweils das BSW oder die FDP mitregiert, enthielten sich. Enthaltungen gelten im Bundesrat als Nein-Stimmen.

 

Politiker erinnern an Investoren und Zielgenauigkeit

 

Das Geld aus dem Sondervermögen solle mit einer doppelten Zielstellung genutzt werden, mahnte Gerald Heer, Finanzminister Niedersachsens und Grünen-Politiker, in seiner Rede. Nicht nur die Infrastruktur müsse "auf Vordermann" gebracht werden, sondern der Staat müsse seine Nachfrage gezielt dafür nutzen, um grüne Leitmärkte für CO2-neutral produzierte Grundstoffe oder andere Industriegüter zu etablieren, etwa für grünen Stahl. Der Ministerpräsident Bayerns Markus Söder (CSU) nannte die Reform der Schuldenbremse "ein Signal an Investoren". 

 

Geld für KTF könnte nicht reichen

 

Ralph Kremp, Partner bei der Unternehmensberatung BET Consulting, erklärte auf energate-Anfrage, die 100 Mrd. Euro für den KTF seien zwar "eine gute Nachricht für die Energiewirtschaft und die Transformation". Gleichwohl überstiegen die Herausforderungen und Investitionsbedarfe diesen Betrag weiterhin "um ein Vielfaches". Was alles mit dem KTF finanziert werden wird, muss die Politik weiter verhandeln. In ihrem Sondierungspapier hatten Union und SPD etwa eine E-Auto-Prämie festgelegt. Auch betragen die 5,5 Mrd. pro Jahr für die Absenkung der Netzentgelte über zwölf Jahre zusammengerechnet 66 Mrd. Euro und damit schon über die Hälfte der 100 Mrd. des KTF.

 

Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts

 

Das Finanzpaket dürfte allerdings juristisch gesichert sein. Ein ähnliches verfassungsrechtliches Debakel wie beim zweiten Nachtragshaushalt 2021 der Ampel-Regierung drohe eher nicht, wie die Kanzlei Becker, Büttner, Held auf energate-Anfrage erklärte. Das Bundesverfassungsgericht habe damals unter anderem gerügt, dass die haushaltsverfassungsrechtlichen Gebote der Jährlichkeit, Jährigkeit und Vorherigkeit nicht angemessen beachtet wurden. Diese dienen dazu, die Budgethoheit des Parlaments zu schützen, also die Macht, im Regelfall nur für ein Jahr (vorher) einen Haushalt aufzustellen und damit die Regierung gegebenenfalls einzubremsen. "Ich bin mir sicher, dass den Verfasserinnen und Verfassern des Gesetzesentwurfs, der die Ausstattung des KTF mit den zusätzlich 100 Mrd. Euro regeln muss, diese Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts sehr bewusst sein werden beim Formulieren der Normen", so Rechtsanwältin Ines Zenke, Partnerin der Kanzlei.

 

Im Interview mit energate hatte Lorenz Gösta Beutin, von 2017 bis 2021 klima- und energiepolitischer Sprecher der Linksfraktion, davor gewarnt, dass gegen das Sondervermögen beim Bundesverfassungsgericht geklagt werden würde. Die FDP und AFD hatten sich vor der Bundesratssitzung an das Bundesverfassungsgericht und an Landesverfassungsgerichte gewendet, um gegen die Reform der Schuldenbremse vorzugehen. Sie waren dort allerdings gescheitert. 

 

Netze und Genehmigungsverfahren

 

Tobias Goldschmidt (Grüne), Energieminister von Schleswig-Holstein und Mitglied des Bundesrats, sagte auf energate-Anfrage, das Sondervermögen sei "ein vernünftiger Kompromiss". Mit der Einigung behalte Deutschland seine klimapolitische Handlungsfähigkeit. Nun müssten Strom-, Wärme- und Wasserstoffnetze ausgebaut werden. Sie seien "das Rückgrat der deutschen Volkswirtschaft". Er mahnte allerdings an, dass in dem Paket Finanzierungen für die Anpassung an die Folgen des Klimawandels ausgeklammert seien. BEE-Präsidentin Simone Peter sagte, der Weg sei nun frei für die zügige Fortsetzung der Koalitionsverhandlungen. Auch sie erinnerte die kommende Regierung daran, die Finanzmittel klug zu nutzen. Damit die Mittel zügig in reale Projekte münden, brauche es die Vereinfachung von komplexen Genehmigungsverfahren und den Abbau bürokratischer Hemmnisse, auch mit Blick auf die Sektorenkopplungstechnologien.

 

Sondervermögen in Höhe von 500 Mrd. Euro

 

Die Änderung des Grundgesetzes ermöglicht für die kommenden zwölf Jahre ein Sondervermögen in Höhe von 500 Mrd. Euro "für zusätzliche Investitionen in die Infrastruktur und für zusätzliche Investitionen zur Erreichung der Klimaneutralität bis 2045". 100 Mrd. Euro davon fließen dem KTF zu. Alle Bundesländer gemeinsam erhalten zudem einen Verschuldungsspielraum von 0,35 Prozent des nominalen Bruttoinlandsprodukts. Außerdem sollen Ausgaben für Verteidigung und bestimmte sicherheitspolitische Ausgaben ab einer bestimmten Höhe nicht mehr auf die Schuldenregel des Grundgesetzes angerechnet werden. Der Bundestag hatte dem Finanzpaket zuvor zugestimmt.

 

Damit die Verfassungsänderung in Wirkung tritt, muss Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier das Gesetz noch unterschreiben. Erwartet wird, dass er das in der kommenden Woche tut. /kij

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