Baukostenzuschüsse im Sinne der Netzdienlichkeit
Bonn (energate) - Die Bundesnetzagentur will die Kosten für den Stromnetzausbau senken. Dabei im Blick der Regulierungsbehörde: die Bemessung und Erhebung von Baukostenzuschüssen für Stromnetzbetreiber. Zukünftig sollen die vier Übertragungsnetzbetreiber bei der Berechnung der Baukostenzuschüsse Differenzierungen vornehmen, in denen die Auswirkungen des Netzanschlusses auf das Stromnetz einfließen. Ein entsprechendes Positionspapier hat die Bundesnetzagentur nun vorgestellt.
Der zentrale Gedanke des Papiers: Um für mehr Kosteneffizienz beim Netzausbau zu sorgen, will die Bundesnetzagentur einen bewussten und sparsamen Umgang mit Anschlusskapazitäten anreizen. Dazu will die Behörde die Anschlussnehmer stärker als bisher über den Baukostenzuschuss an den Netzkosten beteiligen. "Wenn es gelingt, neue Großverbraucher, Speicher oder Elektrolyseure stärker mit Rücksicht auf das vorhandene Stromnetz zu dimensionieren und sich intelligent zu beteiligen, dann sparen wir Kosten beim Netzausbau", erklärte Klaus Müller, Präsident der Bundesnetzagentur. Eine rechtliche Verpflichtung gilt mit der Herausgabe des Positionspapiers nicht, es dient stattdessen als Orientierung für den Markt über die Rechtsauffassung der Behörde. Es kann jedoch zu konkreten Fragestellungen herangezogen werden, zum Beispiel unter welchen Bedingungen differenzierte Baukostenzuschüsse als zulässig angesehen werden.
Leistungspreis wird über fünf Jahre geglättet
Der Baukostenzuschuss ist dabei kein neues Instrument. Bereits seit Jahren zahlen Anschlussnehmer für einen neuen oder erweiterten Netzanschluss einen Einmalbetrag, der sich anteilig an den Kosten für den Netzausbau berechnet. Eine gängige Praxis ist dabei die Berechnung des Baukostenzuschusses auf Basis des Leistungspreismodells. Daran will die Bundesnetzagentur in Zukunft auch nichts ändern. Sie glättet allerdings den Leistungspreis über fünf Jahre, statt wie bisher auf den jeweils bei Vertragsschluss oder der Vertragsanpassung geltenden, veröffentlichten Leistungspreis zurückzugreifen. Baukostenzuschüsse sind dabei nicht als Instrument konzipiert, Netzentgelte zu senken. Aus Sicht der Behörde sind sie aber notwendig, um als Preissignal nicht notwendigen Netzausbau zu verhindern.
Fünfstufige Dimensionierung
Künftig sollen Anschlussnehmer daher in "unterschiedlicher Höhe an den Netzkosten beteiligt werden, je nachdem, wie vorteilhaft die Ansiedlung an dem jeweiligen Standort für das Gesamtsystem ist", so Müller. Die Übertragungsnetzbetreiber sollen nach den Plänen der Bundesnetzagentur eine fünfstufige Abstufung über die Höhe des Baukostenzuschusses vornehmen. Jeder Netzverknüpfungspunkt wird durch die Übertragungsnetzbetreiber einer Stufe zugeordnet. Der Bewertungsmaßstab hängt davon ab, wie sich der Anschluss auf den Stromtransport auswirkt.
600-MW Projekt könnte 60 Mio. Euro kosten
Günstiger wird es demnach für Netzanschlussbegehren, die aus Sicht der Übertragungsnetzbetreiber sinnvoll sind. Dies wäre etwa der Fall, wenn ein Anschlussbegehren keine Zusatzkosten verursacht. An Orten wie Berlin oder Frankfurt am Main, die bereits heute Kapazitätsknappheit aufweisen, wird es hingegen teurer. Das fünfstufige Modell sieht dabei eine Einteilung von 20 bis 100 Prozent des Leistungspreises vor. Nach den Berechnungen der Bundesnetzagentur würde eine 600-MW-Anschlussleistung bei 100 Prozent Baukostenzins einmalig rund 60 Mio. Euro kosten, bei 20 Prozent hingegen wären 12 Mio. Euro fällig. Explizit vermeiden will die Behörde, dass ein Baukostenzuschuss von null Euro entsteht. "Eine derartig hohe Reduktion wird aufgrund der bereits bestehenden und zukünftig zu erwartenden Ausbaubedarfe und Engpassbewirtschaftungskosten im Übertragungsnetz nicht als sachgerecht bewertet", heißt es in dem Papier.
Dimensionierung wird alle zwei Jahre überprüft
Die Übertragungsnetzbetreiber müssen die wirkungsbezogene Differenzierung des Baukostenzuschusses dabei alle zwei Jahre überprüfen und entsprechend anpassen. Große Industrieansiedlungen oder Rechenzentren könnten so angereizt werden, ihre Anschlussbegehren analog zum Netzausbau zu planen und so Baukostenzuschüsse einzusparen. Denn Gebiete wie Frankfurt oder Berlin, die heute in den höchsten Dimensionierungssatz fallen würden, könnten durch Netzausbau ihre Kapazitäten vergrößern und dementsprechend in der Zukunft günstiger werden.
Nur ein erster Schritt
Eine räumliche Differenzierung im Verteilnetzgebiet hält die Bundesnetzagentur hingegen für "schwer begründbar und hochgradig diskriminierungsanfällig". Die zuständige Beschlusskammer 8 will daher den Grundsatz der einheitlichen Baukostenzuschüsse im Verteilnetz nicht aufheben. Auch die Baukostenzuschüsse für Haushalte in der Niederspannung sind von dem Papier nicht betroffen. Ausgenommen sind auch Einspeiser in das Netz, zum Beispiel Kraftwerke oder Windräder. Die neuen Regeln sollen außerdem erst 2026 greifen, da die Regulierungsbehörde getroffene Investitionsentscheidungen nicht im Nachhinein verteuern möchte.
Keine Position bezieht das Papier zu einem laufenden Rechtsstreit zu den Baukostenzuschüssen beim Bundesgerichtshof. Dabei geht es um die Frage, ob Batteriespeicher bei der Berechnung des Baukostenzuschusses als Letztverbraucher zu betrachten seien. Die Bundesnetzagentur hält dies für den Fall. Sie argumentiert, dass es irrelevant sei, dass Speicher zu einem späteren Zeitpunkt wieder Strom ins Netz abgeben. Entscheidend sei einzig der Strombezug. Das Positionspapier kann daher als Zwischenschritt bewertet werden. Eine Entscheidung des Bundesgerichtshofes wird 2025 erwartet. /rh