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Aurubis liefert industrielle Abwärme für Hamburg

Hamburg (energate) - Nach jahrelanger Planung ist jetzt der offizielle Startschuss für eines der bundesweit größten industriellen Abwärmeprojekte gefallen. Dafür arbeiten der Kupferhersteller Aurubis und die Hamburger Energiewerke (HEnW) in der Hansestadt zusammen. Bei der symbolischen Einweihung des Druckwärmespeichers des Energieversorgers waren Hamburgs Erster Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD), Michael Prinz, CEO der HEnW, und Toralf Haag, CEO von Aurubis, dabei. Es sei ein großer Schritt, "um aus der Kohle herauszukommen", sagte Prinz.

 

Die HEnW beziehen nun die bei der Produktion von Schwefelsäure anfallende Abwärme für die Dekarbonisierung der Fernwärme. Die beiden Unternehmen planen bereits gemeinsam seit 2021, die Versorgung von 20.000 Hamburger Haushalten sicherzustellen. Die als Nebenprodukt der Kupferraffination anfallende Abwärme auf dem Werksgelände an der Nordelbe in Hamburg-Veddel war bislang ungenutzt. Nun wird sie vor Ort über zwei Wärmetauscher für die weitere Nutzung zu Heizwasser mit einer Temperatur von 105 Grad aufbereitet. Von dort aus wird es über eine neugebaute Leitung zum im Dezember 2024 fertiggestellten Druckwärmespeicher der Energiewerke geleitet. Der Speicher mit 34 Metern Höhe fasst ungefähr so viel Wasser wie das Alsterschwimmbad. Bei entsprechendem Wärmebedarf speist der Speicher das heiße Wasser dann in das über 860 km lange Stadtnetz ein. Die Kombination aus der Industriewärmelieferung und dem Wärmespeicher ist Teil des Energieparks Tiefstack, mit dem die Hamburger Energiewerke den Kohleausstieg Hamburgs bis 2030 besiegeln wollen.

 

Gemeinsamer Fernwärme-Abschnitt mit Enercity

 

Die Besonderheit hierbei ist, dass sich die Hamburger Energiewerke im ersten Abschnitt vom Aurubis-Werk zur Elbquerung eine bestehende Leitung des Mitbewerbers Enercity Contracting Nord teilen. "Ein komplizierter Abrechnungsprozess", erklärte der HEnW-Chef Prinz im Gespräch mit energate. Die Zuordnung der eingeleiteten Mengen sei höchst komplex, da genau gemessen werden müsse, wie viel Wasser mit welcher Temperatur eingeleitet und am Ende auch wieder ausgeleitet wird. Enercity und Aurubis kooperieren bereits seit 2018 bei der Wärmeversorgung der östlichen Hafen-City und des Stadtteils Rothenburgsort. 

 

Darüber hinaus sei bei der Planung mit Industriewärme aber auch wichtig, dass die Industrieprozesse die Zeiten und Temperaturen des Wassers vorgeben. Daran musste sich der Energieversorger erst einmal anpassen. "Ein Industrieunternehmen hat nicht als Hauptjob, Wärme konstant zu produzieren, das ist die Aufgabe eines Energieversorgers", so Prinz.

 

Hamburg plant weitere Projekte

 

An einem Punkt zeigte sich der Aurubis-CEO Haag nachdenklich. In Bezug auf grüne Industriewärme wünsche er sich mehr regulatorische Anerkennung. Um mehr solcher Projekte verwirklichen zu können, müssten diese im Emissionshandel voll angerechnet und ein funktionierender Markt für grüne Herkunftsnachweise geschaffen werden, mahnte er an. "Ohne Unterstützung hätten wir das nicht realisieren können", dankte Haag allen Beteiligten.

 

Das Thema Industriewärme habe ein großes Potenzial, denn nachhaltiges Wirtschaften und Dekarbonisierung seien kein Gegensatz. Dies gehe Hand in Hand. Der Kupferhersteller stehe dabei erst am Anfang und könne dies weiter ausbauen. Denn Aurubis hatte seinen Prozess der Säurekühlung so weit angepasst, dass die entstehende Wärme für die Fernwärme der Stadt nutzbar wird. "Wir müssen uns zwischen bzw. mit den Unternehmen - out of the box - zusammensetzen und Projekte dieser Art entwickeln", betonte Haag. Auch der CEO der Hamburger Energiewerke bestätigte auf Nachfrage, dass weitere Projekte geplant seien. 

 

Hamburgs Erster Bürgermeister Peter Tschentscher erklärte, dass rund 40 Prozent der Emissionen in Hamburg aus dem Gebäudesektor stammen. Um hier den Prozess der Dekarbonisierung voranzutreiben, brauche es moderne Industriepartner und ihre Wärme. Zwar sei es nicht so einfach, eine so simple Idee in einem industriellen Maßstab umzusetzen, doch der Vorgang, dass die Wärme beispielsweise mit dem Elbwasser heruntergekühlt wird, sei überholt. Das Gute an der Sache sei, dass nicht nur die Stadt, sondern auch die Unternehmen bereit seien, sich zu beteiligen.

 

Bund förderte Projekt

 

Christian Maaß (Grüne), der zuständige Abteilungsleiter Wärme, Wasserstoff und Effizienz des Bundeswirtschaftsministeriums, betonte, dass für das Hamburger Projekt sehr viel Förderung nötig gewesen sei. "Gemeinsam mit Vorprojekten, wie von Enercity, ergeben sich zusammen rund 65 Mio. Euro, die der Bund mit dazugegeben hat, um die Projektkette zu ermöglichen", erläuterte Maaß beim Pressetermin in Hamburg. Die beste Wärme sei die, die gar nicht erst produziert würde. In seinen Augen dürften solche Projekte nicht nur mit einem riesigen Kraftakt machbar sein. Die ersten Schritte dahin seien zwar gemacht. "Es braucht aber Nachfrage", mahnte Maaß an. Der "Push" in der Fernwärme fehlte in den vergangenen Jahren noch. Die recht große Nachfrage in Städten nach Fernwärme müsse aufrechterhalten und die Netze besser ausgenutzt werden.

 

Paarship für Wärme mit Abwärme

 

Wichtig sei auch zu bestimmen, wie viel Abwärmepotenzial in Deutschland eigentlich existiere, erklärte Maaß weiter. Hamburg hat dafür das Wärmekataster ins Leben gerufen, um dies zu prüfen. Der Abteilungsleiter hob aber auch die neu geplanten Rechenzentren hervor, deren Abwärme von vornherein mitgedacht werden sollte. "Dafür kann dann die Abwärmeplattform als Paarship für Wärme, um Anbieter und Nachfrager zusammenzubringen, genutzt werden", erklärte Maaß. Seit April vergangenen Jahres sind auf dem Portal Abwärmedaten von Unternehmen mit einem Gesamtendenergieverbrauch von mehr als 2,5 Gigawattstunden pro Jahr gelistet. Maaß setzte sich auch für klare und bessere Rahmenbedingungen ein. Abwärme solle mit Erneuerbaren gleichgesetzt oder gar darüber gesetzt werden. /hp

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