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Abwasserwärme bekommt mehr Rückendeckung

Berlin (energate) - Die Abwasserwärme hat insbesondere im städtischen Raum große Potenziale zur Dekarbonisierung der Wärmeversorgung. Bis zu 15 Prozent des Wärmebedarfs im Gebäudesektor ließen sich damit künftig decken. Darin waren sich die Sachverständigen in einer öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Klimaschutz und Energie im Bundestag einig. Den Antrag "Ungenutzte Potenziale der Wärme aus Abwasser erschließen" hatte die Unionsfraktion eingebracht. Darin fordern die Abgeordneten von CDU und CSU die Bundesregierung unter anderem dazu auf, eine Strategie zur stärkeren Nutzung der Abwasserwärme zu entwickeln.

 

"Kommunikation läuft bislang schleppend"

 

Denn die politische Unterstützung fehlt der Branche bislang: "Wärme aus Abwasser hat zwar keine Gegner, aber auch keine Freunde oder Treiber in Politik und Wirtschaft", sagte etwa Stephan von Bothmer vom Anbieter Uhrig Energie, bei der Anhörung. Die brauche es aber, denn "ein Selbstläufer wird das nicht". Aus seiner Sicht wäre ein erster wichtiger Schritt, alle beteiligten Akteure an einen Tisch zu bringen. Dazu gehört neben der Energiebranche in erster Linie die Wasserwirtschaft als Betreiber der Infrastruktur. Denn bislang läuft die Kommunikation zwischen beiden Seiten eher schleppend. "Wir haben zum Teil ein bis zwei Jahre Wartezeit, bis wir die angefragten Daten von den Kanalnetzbetreibern bekommen", gab von Bothmer einen Einblick.

 

Interesse ist rapide gestiegen

 

Besser läuft die Zusammenarbeit in Berlin, wo die Wasserbetriebe frühzeitig in das Thema Wärme aus Wasser eingestiegen sind und einen entsprechenden Potenzialatlas entwickelt haben. "Eigentlich hat jeder Abwasserbetrieb die Pflichtaufgabe, eine solche Wärmepotenzialkarte zu erstellen", erklärte Christoph Donner, Vorstandsvorsitzender der Berliner Wasserbetriebe. Dies auch, weil das Interesse vonseiten der Projektierer "rapide" gestiegen ist. Aktuell erreichen Donner etwa 100 Anfragen pro Monat, früher waren es nur zehn. Für den Chef der Berliner Abwasserbetriebe stellen sich damit aber auch weitergehende Fragen, die noch zu klären sind, etwa, wie eine künftige Vergabe der Claims auszugestalten ist.

 

Erstellung der Wärmepotenzialkarten ist aufwendig

 

Auch in Köln liegt eine solche Karte bereits vor. Diese hat gezeigt, das Abwasserwärmepotenzial liegt am Auslauf der Kläranlage bei 50 MW und im Netz bei 75 MW. Nur rund sieben Prozent des Kölner Abwassernetzes sind überhaupt für die Wärmeentnahme geeignet. Die Erstellung des Plans sei aber durchaus aufwendig, führte Ulrike Franzke, Vorständin Stadtentwässerungsbetriebe Köln, aus. "Das kann nicht jeder leisten." Denn nicht jedem kleinen Wasserentsorgungsbetrieb stünden ein großer Stab an Ingenieuren zur Verfügung. Deswegen brauche es künftig Checklisten und standardisierte Prozesse. In Köln kommen derzeit rund 50 Anfragen für die Abwasserwärmenutzung rein, zwei Projekte seien konkret in Planung.

 

Viel Aufklärungsarbeit zu leisten

 

Die Stadtwerke Frankenthal sind da einen Schritt weiter und schon bei der Umsetzung. Rund 300 MW will der Versorger aus Rheinland-Pfalz künftig aus dem Abwasser einer Kläranlage der dort ansässigen BASF ziehen. Das reicht für die Wärmeversorgung der beiden Kommunen Frankenthal und Ludwigshafen aus. Es geht aber bei weitem nicht nur um die technische Umsetzung, machte Geschäftsführer Volkmar Langefeld klar. "Wir haben Gesellschafter, die kennen die Technologie nicht mal und dann spricht man von 500 Mio. Investitionen, da kommen schnell mal Sorgen auf", sagte Langefeld. Insgesamt waren sich die Experten einig, dass es in Sachen Abwasserwärme noch viel Aufklärungsarbeit zu leisten gibt.

 

Branche kritisiert "Fernwärme-Bashing"

 

Den Fernwärmeanteil wollen die Stadtwerke Frankenthal mit der Abwasserwärme von aktuell fünf auf dann 60 Prozent steigern. Für das Großprojekt braucht es auch das entsprechende Personal. 70 neue Mitarbeitende will das Unternehmen dafür einstellen, dreimal so viele Lehrlinge ausbilden, die Anzahl der Ausbildenden hat es verdoppelt. Die notwendigen Anschlussquoten will das kommunale Unternehmen ohne Anschluss- und Benutzungszwang schaffen. Die Signale dafür seien positiv etwa aus dem Wohnungsbau und von den Gewerbekunden. "Der Fernwärmeanschluss ist nur so groß wie ein Kasten Bier, der hängt einmal an der Wand, dann hat man damit nie wieder was zu tun", so Langefeld. Das käme gut an. Wenig hilfreich sei allerdings die aktuelle Diskussion und die negativen Signale gegenüber der Fernwärme, etwa vonseiten des Bundeskartellamts, das die Anbieter als böse Monopolisten darstelle. Das unterstrich auch Kai Lobo, stellvertretender VKU-Hauptgeschäftsführer. Er sprach von einem "unerträglichen Fernwärmebashing".

 

Uneinig waren sich die Experten bei der Anhörung in Sachen Ausbauziele für die Abwasserwärmenutzung. Im Anschluss daran sprach sich Uhrig-Energie-Vertreter Stephan von Bothmer gegenüber energate klar für ein solches Ziel aus. Die Anhörung könne aus seiner Sicht nur ein erster Schritt gewesen sein: "Wir brauchen auch konkrete Maßnahmen. Spannend wird also sein, was die Bundesregierung nun aus diesem Antrag macht." /ml

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