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24-Stunden-Lieferantenwechsel erhitzt Branche

Baesweiler/Berlin (energate) - Ab April 2025 sollen nach dem Willen der Bundesnetzagentur Stromkunden ihren Versorger innerhalb von 24 Stunden wechseln können. Doch während die Regulierungsbehörde auf die Tube drückt, geht der Prozess vielen Versorgern zu schnell. Auch der Bundesverband Energiemarkt und Kommunikation (Edna) wirbt für einen Aufschub - beschränkt seine Empfehlung jedoch auf eine dreimonatige Testphase vor dem endgültigen Umstieg.

 

So sei absehbar, dass ein "relevanter Teil der Marktteilnehmer nicht in der Lage sein wird, das neue Verfahren bis April umzusetzen", erläuterte Edna-Geschäftsführer Richard Plum die Gründe. Der Verband plädiert jedoch dafür, den Starttermin spätestens auf den 1. Juli 2025 festzulegen. Damit widerspricht Edna dem Verband der Schleswig-Holsteinischen Energie- und Wasserwirtschaft (VSHEW). Der VSHEW argumentierte im Oktober, dass die Einführung des 24-Stunden-Lieferantenwechsels vor Oktober 2025 unrealistisch sei. Den Termin im April 2025 hielt der VSHEW sogar für schlichtweg "nicht machbar".

 

Edna wiederum sieht dies anders. So habe eine Umfrage unter den Mitgliedern des Verbandes ergeben, dass die Softwarehersteller sich für den Start im April 2025 bereit fühlen. Des Weiteren gaben nach Edna-Angaben mehr als 50 kleine und mittlere Versorgungsunternehmen an, "startklar" für die Umstellung zu sein.

 

Bundesnetzagentur besteht auf Umstellung zum April 2025

 

Die Bundesnetzagentur sieht hingegen keinen Bedarf, den Starttermin der Umstellung nach hinten zu schieben. Ganz im Gegenteil. So machte die Vizepräsidentin der Bundesnetzagentur, Barbie Haller, auf dem energate-Forum in Berlin klar, dass der 24-Stunden-Lieferantenwechsel zum April 2025 unumgänglich sei. Es gehe der Bundesnetzagentur nicht darum, dass jeder Kunde innerhalb von 24 Stunden wechseln könne. Stattdessen sei entscheidend, dass die "dahinterliegenden Prozesse digitalisiert sind", so Haller am Vorabend des Forums.

 

Die Netzagentur habe "nicht so gute Erfahrungen" damit gemacht, der "Branche zu wenig Vorlauf zu geben". Damit spielte Haller auf die Pflicht der Regulierungsbehörde an, den § 20 EnWG umzusetzen. Mit diesem Paragrafen setzt nämlich der Gesetzgeber EU-Vorgaben um, die zum 1. Januar 2026 den 24-Stunden-Lieferantenwechsel vorschreiben. Bereits im Jahr 2023 argumentierte die Bundesnetzagentur, dass die Umsetzung zum April 2025 den Marktteilnehmern "genügend Zeit" gebe, ihre IT an die Vorgaben anzupassen.

 

Vorwurf Überregulierung

 

Deutlich wurde am Vorabend des energate-Forums jedoch auch, dass die Umstellung auf die 24-Stunden-Regel nicht nur eine Frage der technischen Umsetzbarkeit ist. BDEW-Präsident und EWE-Geschäftsführer Stefan Dohler beklagte hinsichtlich des 24-Stunden-Lieferantenwechsels "Anforderungen, bei denen wir auf die Barrikaden gehen" und eine "zu harte Regulierung". Überregulierung war auch ein Stichwort, das Carsten Liedtke, Vorstandssprecher der Stadtwerke Krefeld und VKU-Vizepräsident, im energate-Interview hinsichtlich des 24-Stunden-Lieferantenwechsels nutzte. Der ganze Prozess habe in der Praxis keinen Wert, da das 14-tägige Widerspruchsrecht gelte. Widerrufe ein Kunde seinen Vertrag, werde der ganze Prozess wieder rückgängig gemacht. "Das erhöht die gesamten Servicekosten massiv, weil wir einen enormen Aufwand verursachen, ohne dass ein systemischer Mehrwert erkennbar wäre", klagte Liedtke.

 

Ein Argument, das Haller nicht gelten lassen würde. Sie verwies während der Podiumsdiskussion darauf, dass die Digitalisierung der Prozesse Voraussetzung für "viele Prozesse" sei, "die da noch kommen". Als Beispiele nannte Haller PV- und Speicherzubau und deren derzeitige Unregelbarkeit sowie Energy-Sharing. "Wenn wir die Hürde, die wir jetzt nehmen müssen, jetzt nicht schaffen, dann hängen diese Prozesse", so Haller. Die Bundesnetzagentur-Vizepräsidentin machte auch klar, dass das Argument der fehlenden IT-Umsetzbarkeit nicht zähle. So gebe es "eine Reihe" von IT-Dienstleistern, die zu ihr persönlich gesagt hätten: "Ziehen Sie durch. Wir schaffen das."

 

GeLi 2.0 steht auch in den Startlöchern

 

Einer dieser IT-Dienstleister ist Schleupen. Erst vor Kurzem ging das IT-Unternehmen mit einem Komplettpaket für den 24-Stunden-Lieferantenwechsel für Energieversorger an den Markt. Dabei setzt das Unternehmen auf die Identifizierung von Marktlokationen über sogenannte Web-APIs.

 

Für den Branchenverband Edna hängt die Furcht vor einer zu langen Verzögerung der Umstellung auch damit zusammen, dass die nächste Formatänderung bereits ansteht. Denn bis zum 1. April 2025 muss nicht nur der 24-Stunden-Lieferantenwechsel umgesetzt werden, sondern auch die Marktkommunikation Gas. Dort müssen alle Beteiligten auf das Nachrichtenprotokoll AS4 umstellen, was auf die Festlegung GeLi 2.0 zurückgeht. Indirekt gibt Edna damit Barbie Haller recht, die bei der Umsetzung des 24-Stunden-Lieferantenwechsels darauf besteht, auf das Gaspedal zu drücken. Würde der Lieferantenwechsel nach hinten verschoben, fehlen Kapazitäten bei der Umstellung auf GeLi 2.0, so das Argument der Edna. /rh

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